Zwei Wochen nach Beginn der regierungskritischen Proteste im Libanon ist in der Hauptstadt Beirut schrittweise wieder Normalität eingekehrt. Nach friedlichen Verhandlungen mit Demonstranten, die über Nacht erneut protestiert hatten, öffneten Soldaten und Polizei dort am Donnerstag laut Augenzeugen wichtige Zufahrtsstraßen. Geschäfte in der Innenstadt öffneten ebenfalls wieder und auch Bankangestellte kehrten zur Arbeit zurück.
Die Bankfilialen sollten aber vorerst nicht für Kunden öffnen; auch Schulen blieben am Donnerstag noch geschlossen. Zu vereinzelten Protesten kam es am Mittwochabend auch in der zweitgrößten Stadt Tripoli im Norden des Landes. Die Armee setzte dort Augenzeugen zufolge Tränengas gegen Demonstranten ein, die eine Hauptstraße in der Küstenstadt blockieren wollten. Mindestens drei Menschen wurden dem libanesischen Roten Kreuz zufolge verletzt. In der Hafenstadt Sidon im Süden weigerten sich einige Menschen, die Straße vor Bildung einer neuen Regierung zu verlassen. "Die Revolution muss weitergehen", riefen Demonstranten in Tripoli.
Ministerpräsident Saad Hariri war unter dem Druck der Proteste am Dienstag zurückgetreten. Die Demonstranten werfen ihm und seiner Regierung unter anderem vor, Reformen verschleppt und Staatsgeld verschwendet zu haben. Während viele Protestler den Rücktritt feierten und abzogen, drängten andere darauf, den Druck auf die politische Führung aufrecht zu erhalten. Hariri hatte sein Rücktrittsgesuch am Dienstag beim Präsidenten Michel Aoun eingereicht. Erst wenn er Hariris Rücktritt annimmt, kann Aoun Beratungen mit den Blöcken im Parlament über einen Nachfolger beginnen. Von Aoun wurde am Donnerstagabend um 20 Uhr (Ortszeit, 19 Uhr MEZ) eine Rede zu seinem dritten Jahr im Amt erwartet. (dpa, 31.10.2019)