Limburgs Bischof unterwegs in Sarajevo

"Ein Stück von Europa"

Seit gut 100 Tagen ist Franz-Peter Tebartz-van Elst Bischof von Limburg. Am Wochenende hat er das Erzbistum Sarajevo besucht, seit 15 Jahren Partnerbistum von Limburg. Weitere gibt es in Asien, Afrika, der Slowakei und der Tschechischen Republik. Der Bischof will sie vernetzen.

Autor/in:
Christoph Strack
 (DR)

Alle Partner waren bei seiner Amtseinführung am 20. Januar vertreten, auch Puljic kam. Den Morgen danach vergisst Tebartz-van Elst nicht: Als er mit Puljic sprach, klingelte dessen Handy. Ein Priester schilderte den nächtlichen Überfall auf sein entlegenes Pfarrhaus.

Polizeiautos mit Blaulicht, eine Menschentraube vor der Kirche, warmer Beifall. Die Ordensschwester an der Orgel kämpft um ein "Glory, glory halleluja". Festmesse in Tuzla. Der Limburger Bischof besucht am Samstag mit Sarajevos Kardinal Vinko Puljic die ostbosnische Stadt, um drei Dutzend junge Leute zu firmen. Noch nie, meinen einige Ältere, habe ein ausländischer Bischof die Stadt besucht.

In Tuzla spricht Tebartz-van Elst von den ersten Christen vor dem Pfingstfest. Da waren die Jünger geprägt von "Unsicherheit, wie es weitergeht. Sie brauchen Zuversicht, Mut, Gewissheit." Darin spiegeln sich die Eindrücke seines Besuchs. Vor ihm sitzen Jugendliche wie Ivana Josic. "Ich will hier weg", sagt die 14-Jährige. Sie sehe keine Perspektive. Ihr Onkel, in Tuzla geboren, reiste zur Feier aus Wien an: "Die Leute wollen eine Zukunft." Tebartz-van Elst will Kraft geben. "Wer glaubt, ist nie allein", zitiert er den Papst. In Sarajevo leben an die 20.000 Katholiken. Vor dem Krieg 1992 bis 1995 waren es doppelt so viel.

Mit Freude sieht der Bischof, dass die Katholiken in Bosnien-Herzegowina neue Wurzeln schlagen. Am Rand der Hauptstadt besucht er einen Caritas-Neubau. Unten ein Kindergarten, im ersten Stock tritt Tebartz-van Elst auf den Balkon einer Beratungsstelle für Frauen und lobt die Aussicht. "Da vorn war die Frontlinie der Serben", sagt Pero Brkic. Der Caritas-Chef schildert Projekte für ausgegrenzte Roma. Und ist stolz, dass die Suppenküche der Caritas neuerdings in öffentlichem Auftrag 150 armen Familien "Essen auf Rädern" bringt. Der Staat helfe selten.

"Brüssel ignoriert die katholische Kirche im Land"
Besonders beeindruckt zeigt sich der Gast aus Limburg von der "Europa-Schule" des Bistums. 1.200 Schüler besuchen Volksschule, Gymnasium oder Krankenschwesterschule. Schwester Davorka Saric berichtet, 45 Prozent davon seien katholisch, der Rest orthodox oder muslimisch. In einem Klassenraum holt die stellvertretende Schulleiterin Bibel, Talmud und Koran aus dem Regal. "Die Kinder achten sich. Sie sind vernünftiger als die Erwachsenen."

Die Schule, berichtet Generalvikar Mato Zovkic, bekommt wie auch das Caritas-Haus keine EU-Gelder. Brüssel ignoriere die katholische Kirche im Land. Tebartz-van Elst findet das skandalös: "Das ist doch konkrete Friedensarbeit. Bildung ist der nachhaltigste Weg zu Miteinander und Integration." Das sei auch der Weg nach Europa. Schließlich gehöre Bosnien-Herzegowina dazu. Eine EU-Erweiterung müsse die Region einbeziehen und helfen, die Mischung der Ethnien und Religionen zu wahren.

"Welcome to Sarajevo"
Da ist sich der Bischof mit seinem prominentesten Gesprächspartner einig. Der Großmufti des Landes, Mustafa Ceric, empfängt ihn. "Welcome to Sarajevo." Rasch geht es um den Dialog der Religionen. Und Ceric mahnt eine Anbindung des Landes an die EU an. Eine friedliche Entwicklung über Volks- und Religionsgrenzen hinweg könne beispielhaft für Europa sein. Aber wer schaut heute noch auf Bosnien. Längst geht der Blick der Weltgemeinschaft nach Afghanistan, in den Kosovo, nach Tibet.

Immer wieder mahnt Tebartz-van Elst Toleranz an. Und künftig sollen mehr Jugendliche zwischen Lahn und Bosna einander kennenlernen. Begegnung, sagt er, diene dem Frieden und schaffe ein Gespür für globale Weggemeinschaft der Christen im Gebet. Die Tage, sagt der Bischof beim Abschied, erinnerten an Pfingsten, "Gemeinschaft der Glaubenden über alle Sprachgrenzen hinweg".