Liszts Legende von der Hl. Elisabeth

Lobpreisung des menschlichen Mitgefühls

Franz Liszt faszinierte das Leben der Hl. Elisabeth von Thüringen so sehr, dass er ihr ein Oratorium schrieb.

 (DR)

Franz Liszt ist vor allem als großartiger Klaviervirtuose bekannt. Viele seiner Kompositionen wurden für dieses Instrument, aber auch für die Orgel geschrieben. Einen besonderen Platz nehmen daher die drei großen Oratorien ein, die Liszt im Laufe seines Lebens schuf. Mit der Komposition des ersten Oratoriums, der "Legende von der heiligen Elisabeth", begann Liszt in den letzten Jahren seines Weimarer Aufenthaltes, wo er von 1843 bis 1861 als Hofkapellmeister wirkte.

Die Idee dazu gab eine Serie von Fresken, die in der nahe gelegenen Wartburg zu der Zeit fertiggestellt wurden und Szenen aus dem Leben der Thüringischen Landesheiligen zeigen. Die Geschichte Elisabeths, die wie Liszt gebürtig aus Ungarn stammte, ließ das Oratorium zu einem Glaubensbekenntnis des Komponisten zur Lobpreisung des menschlichen Mitgefühls werden.

Die Uraufführung des Werks erfolgte am 15. August 1865 in Budapest in ungarischer Sprache und wurde ein voller Erfolg. Weitere Vorstellungen folgten in München, Prag und schließlich auch 1867 auf der Wartburg. Das vom deutschen Schriftsteller und Dichter Otto Roquette verfasste Libretto hält fünf Wendepunkte aus dem Leben Elisabeths sowie deren Beerdigung fest.

Liszt arbeitet in seiner Komposition sehr stark mit Leitmotiven, die die einzelnen Abschnitte in besonderer Weise kennzeichnen und im Laufe des Oratoriums wiederkehren. Schon in der Einleitung kommt das Motiv des Rosenwunders zur Geltung. Bei Abschied ihres Gemahls Ludwig spielen die Kreuzritter eine besondere Rolle, deren Chorgesang fast schon martialische Züge hat. Auch dieses Leitmotiv kommt an mehreren Stellen des Oratoriums vor.  Im Marsch der Kreuzritter wird die aus Schlesien stammende Alternativmelodie des Chorals "Schönster Herr Jesu" verwendet.

Landgraf Ludwig kehrt bekanntlich nicht zurück vom Kreuzzug. Elisabeth, nunmehr verwitwet, wird von der Wartburg vertrieben und widmet ihr Leben fortan ausschließlich den Armen. In Marburg stirbt sie völlig entkräftet im Alter von erst 24 Jahren. Franz Liszt lässt in seinem Oratorium den letzten Worten der Heiligen einen Engelchor folgen, der ganz im Gegensatz zu den martialischen Kreuzrittern die himmlischen Sphären verdeutlicht, was durch den Einsatz entsprechender Instrumente wie der Harfe noch unterstützt wird.

Das große Finale ist die Beerdigung Elisabeths. Gemeint ist hier jedoch wegen der in Liszts Komposition beschriebenen Anwesenheit zahlreicher Würdenvertreter von Adel und Klerus, darunter Kaiser Friedrichs II., die Überführung der Gebeine am 1. Mai 1236 in die Marburger Elisabethkirche. Hier kommen noch einmal alle Gruppierungen des Oratoriums musikalisch zur Geltung.

CD-Tipp:

Franz Liszt: Die Legende von der heiligen Elisabeth für Soli, Chor und Orchester

Ausführende:

Kolos Kováts (Bass), Erzsébet Komlóssy (Mezzo-Sopran), Sándor Sólyom-Nagy (Bariton), Éva Andor (Sopran), József Gregor (Bass), Lajos Miller (Bariton), György Bordás (Bariton), Dušan Turinič (Contra-Alt), Eugenia Kraičirová (Sopran), Slowakisch Philharmonischer Chor, Radio Bratislava Kinderchor, Slowakisch Philharmonisches Orchester

Leitung: János Ferencsik

Erschienen bei Hungaroton Classic

(Erstsendedatum: 15.11.2015, Wiederholung am 13.11.2016)