Seine Auftritte im Pulheimer Walzwerk sind legendär. Wenn er Heiligenstatuen "soo scheee!" findet und niederbayerische "fuchz'ge" und "achz'ge" bietet, wo Waldi aus der Eifel "fuffzisch" oder "achzisch" Euro zu zahlen bereit ist und die süße Susi "Ich tsahl Ihnen hunderttsseen" lispelt, dann weiß der TV-Trödelfreund: Es läuft "Bares für Rares".
Der kurze Kerl mit dem Billardkugelkopf, den breiten Hosenträgern und den Hawaii-Hemden - mehr als 200 davon soll er davon im Schrank haben - ist sein Leben lang ein Original gewesen; ein bunter Selfmade-Hund. Am Mittwoch (8. Dezember) wird Ludwig "Lucki" Hofmaier 80 Jahre alt.
Meister im Kunstturnen
Klein - ganze 155 Zentimeter - ist Lucki nicht nur von Wuchs, sondern auch von Herkunft: Geboren 1941 in Saal an der Donau, wuchs er in einer Familie mit sieben Geschwistern als Sohn eines armen Schneiders im katholischen Niederbayern auf. Er sollte dem Vater helfen, ja - aber das Stillsitzen war seine Sache nicht.
"Wenn ein kleiner Mann groß rauskommen will, muss er sich auf den Kopf stellen" - so deutete die heimische Regionalzeitung das, was ihn antrieb. Schon mit sieben Jahren turnte Lucki auf den Händen über den First des Elternhauses.
Daraus erwuchsen erst sportlicher Erfolg und schließlich Weltruhm. Der Hauptschüler und Unteroffizier der frühen Bundeswehr wurde 1961 Bayerischer Meister im Kunstturnen; und Lucki spezialisierte sich weiter. Nach einem Langstreckenhandlauf über 132 Kilometer von Regensburg nach München, wo er von Oberbürgermeister Hans-Jochen Vogel empfangen wurde, folgte 1967 der große Coup. Regensburger Geschäftsleute - waren es Kneipenkumpels? - lobten in einer Wette 15.000 Mark aus, wenn es Lucki bis zum Papst nach Rom schaffe.
Über 1.000 Kilometer auf den Händen gelaufen
PR funktionierte auch schon in den 1960er Jahren. Und so war unter den gar nicht wenigen Kamerateams auch eines aus den USA, das die Kunde vom "Handstand-Lucki" bis nach Amerika trug. 1.070 Kilometer lief er binnen drei Monate von Regensburg bis Rom, auf den Händen und mit Hilfe von rund 200 Paar Spezialhandschuhen. Eine immense sportliche, ja weltrekordverdächtige Leistung. Doch, so erzählte Hofmaier dem Würzburger "Katholischen Sonntagsblatt": "Für mich war es in erster Linie eine religiöse Sache, eine Pilgerreise. Ich wollte einfach als Katholik zum Papst und in den Vatikan."
Am Brenner fand eine kuriose Passkontrolle über Kopf statt. Auch die Fotos irritierter Prälaten auf dem Petersplatz im Angesicht des handständischen Sonderlings sind damals wie heute amüsant zu betrachten. O-Ton Lucki: "Als die Schweizergarde dann den Weg freimachte und ich im Handstand zu Paul VI. und um ihn herumlaufen konnte, war das unheimlich erhebend."
Voll Ehrfurcht habe er den Fischerring geküsst und zum Abschluss den persönlichen Segen des Papstes bekommen. "Das war für mich das Allergrößte. 'Sie sind ein Wunder', hat er zu mir gesagt. Sowas vergisst man nicht."
Luckis drei Lokale
Der römische Scoop brachte "Handstand-Lucki" Promi-Status ein; und das zahlte sich auch in barer Münze aus. In Regensburg führte er zwischenzeitlich drei Lokale. Er betrieb eine Diskothek, die er später zu einer Oben-ohne-Bar umbaute. Immer ohne Schmuddel und Polizei, wie er betont - aber Spaß wird's ihm schon gemacht haben.
In den wilden 1970er Jahren verschlug es ihn dann - "der Liebe wegen" - aus Bayern ins badische Offenburg, wo er bis heute mit seiner Ehefrau lebt. Von hier aus bereist er die Trödel- und Antikmärkte Deutschlands, Frankreichs, Belgiens und Luxemburgs.
Barock-Statuen der Heiligen
Am liebsten hat der große Marienverehrer - der am Fest Mariä Empfängnis geboren wurde - den Barock, vor allem Statuen aus dem 16. und 17. Jahrhundert. "Ich sammle Engel, Heilige, Darstellungen der Muttergottes mit Kind. Alle Heiligen in Holz und in Alt - da bin ich spezialisiert drauf."
Praktisch alle Heiligen habe er bei sich zuhause in der Wohnung. "Die sammle ich für mich, und die verkaufe ich auch nicht." Außerdem gebe es da einen Hausaltar, Krippenfiguren - "fast schon ein kleines Privatmuseum". Sein ältestes Stück: eine Statue des heiligen Konrad aus dem 14. Jahrhundert.
Manchmal tut es ihm "ein bisserl weh", dass die Leute mit den Sachen nichts mehr anfangen könnten; der Markt sei "ziemlich eingebrochen". Interessanterweise finde er in Berlin für sakrale Kunst sogar mehr Abnehmer als in Bayern - "da haben die ja schon alles". Viele, die umziehen, wollten sich damit "auch ein Stück Heimat mitnehmen".
Mehr Zeit für sich selbst
Die vergangenen Jahre brachten zwei große Einschnitte: 2019 ging sein Wohnmobil auf der A8 Richtung Stuttgart in Flammen auf. Hofmaier und seine Frau konnten sich gerade noch rechtzeitig retten. Und im Juni 2020 schied "Lucki" nach sieben guten Jahren bei "Bares für Rares" aus.
Nun hat er mehr Zeit für Schnupftabak und Plausch. "Quasi ein volkseigener Betrieb" sei er, schrieb die "Süddeutsche Zeitung"; "einer, der allen gehört, die ihn kennen und mögen". Einmal sei ein Verlag an ihn herangetreten und wollte, dass er ein Buch schreibt. Aber das ist nichts für ihn, denn: "Ich bin selber das Buch."