Machtkampf in der Elfenbeinküste nach Präsidentenwahl

Verschärfte Krise

In der Elfenbeinküste (Côte d'Ivoire) hat die Bekanntgabe des Ergebnisses der Präsidentenwahl die politische Krise verschärft. Die Armee schloss am Donnerstagabend die Landesgrenzen. Der UN-Sicherheitsrat rief zur Besonnenheit auf. Nach Angaben der Wahlkommission gewann der Oppositionskandidat Alassane Ouattara die Stichwahl mit 54,1 Prozent der Stimmen.

 (DR)

Der amtierende Präsident Laurent Gbagbo, der auf 45,9 Prozent kam, legte Protest ein. Das Verfassungsgericht, dessen oberster Richter von Gbagbo berufen wurde, erklärte die Bekanntgabe des Wahlergebnisses für unzulässig. Gbagbo hat bereits die Annullierung der Wahl in vier Regionen im Norden des Landes, der Hochburg Ouattaras, beantragt.



In einer ersten Rede nach Verkündung seines Wahlsiegs kündigte Ouattara die Bildung einer Regierung der nationalen Einheit an, die vom Geist des Friedens und der Vergebung bestimmt sein soll. Der 68-jährige Muslim, der mit einer Französin verheiratet ist, war Premierminister von 1990 bis 1993. Er gilt als Wirtschaftsliberaler und machte Karriere bei dem Internationalen Währungsfonds.



Ouattaras politischen Ambitionen erlitten einen Rückschlag, als Mitte der 90er Jahre seine Nationalität in Frage gestellt wurde. Gbagbo hatte mit einer Politik der "Ivorisierung" fremdenfeindliche Ausschreitungen gegen Bewohner des Nordens und gegen im Land lebende Franzosen provoziert. Bei der Wahl im Jahr 2000 durfte Ouattara nicht kandidieren.



In der Hafenstadt Abidjan kam es zu Zusammenstößen, bei denen Dutzende Menschen verletzt wurden, wie der französische Auslandsrunfunk RFI berichtete. Es war die erste Präsidentenwahl in dem westafrikanischen Land seit zehn Jahren.



Der UN-Sicherheitsrat appellierte am Donnerstagabend in New York (Ortszeit) an Regierung und Oppostion der Elfenbeinküste, den Konflikt friedlich zu lösen. Die amerikanische UN-Botschafterin Susan Rice drohte allen mit Sanktionen, die den Wahlprozess behindern sollten.



Am Mittwochabend war ein Büro Ouattaras überfallen worden. Dabei starben nach Angaben von Amnesty International vier Menschen. Die Menschenrechtsorganisation erklärte, laut Augenzeugen seien die Täter Polizisten und Paramilitärs gewesen. "Nichts kann rechtfertigen, dass Sicherheitskräfte Menschen in den Rücken schießen, die am Boden liegen", sagte der Westafrika-Direktor von Amnesty, Salvatore Saguès in London.



Blutige Zusammenstöße und Einschüchterungen hatten bereits die Stichwahl am 28. November überschattet. Der erste Wahlgang am 31. Oktober verlief dagegen friedlich. Damals kam Gbagbo auf 38 Prozent der Stimmen, Ouattara auf 32 Prozent.



Die Elfenbeinküste war 2002/03 durch einen Bürgerkrieg erschüttert worden, der das Land spaltete. Der Norden wurde von Rebellen kontrolliert, der Süden von Regierungskräften. In einer Pufferzone wurden UN-Truppen stationiert. Erst 2007 konnte der Konflikt entschärft werden. Die Elfenbeinküste mit ihren rund 20 Millionen Einwohnern verfügt über Rohstoffe wie Erdöl, Erdgas, Coltan, Eisenerz und Nickel und ist der größte Kakao-Exporteur der Welt.