Pater Engelmar Unzeitig war vier Jahre lang im Konzentrationslager Dachau inhaftiert. Das unmittelbar nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 eröffnete KZ diente als Musterbeispiel für die Todesmaschinerie der Nazi-Diktatur. Mehr als 200.000 Gefangene aus 40 Ländern gingen durch diese Hölle, darunter viele Geistliche.
Als 30-jähriger Ordenspriester wird Unzeitig am 3. Juni 1941 nach Dachau gebracht. Er ist ein begeisterter Seelsorger voller Ideale, ein bescheidener Mensch, aber nicht bereit, sich den Mund verbieten oder den Charakter verbiegen zu lassen. Der hochintelligente Bauernsohn aus Böhmen hat bei den Mariannhiller Missionaren (Würzburg) Fremdsprachen gelernt. Auf seiner ersten Seelsorgestelle kümmert er sich trotz eines Verbots intensiv um französische Kriegsgefangene.
Verhaftung wegen "heimtückischer Äußerungen"
Nicht einmal zwei Jahre nach seiner Priesterweihe wird er verhaftet und wegen "heimtückischer Äußerungen" und "Verteidigung der Juden" in Predigt und Unterricht angeklagt. Hitlerjungen haben den Religionslehrer angezeigt. Im KZ Dachau wird er auf den Kräuterfeldern und bei den Transporten der bis zu 75 Kilo schweren Suppenkübel eingesetzt.
Die Geistlichen erleiden schwere Schikanen: Am Karfreitag 1940 werden 60 Geistliche "gekreuzigt", das heißt mit auf den Rücken gefesselten Händen an Bäumen hochgezogen. Eine Stunde lang bleiben sie so hängen, die Fersen knapp über dem Boden. Nicht alle überleben die Tortur.
Essensgeschenke für kranke Mithälftlinge
Pater Engelmar aber schreibt aus Dachau nach Hause, es gehe ihm eigentlich ganz gut: "Wie vieles lernt der Mensch erst durch die Erfahrung in der Schule des Lebens." Wenn ein Paket von seinen Angehörigen kommt - was selten genug erlaubt wird - verschenkt er die kostbaren Esswaren an kranke Mithäftlinge.
Unzeitig lernt Russisch und führt lange Glaubensgespräche mit Kriegsgefangenen und auch mit einem nachdenklichen Unterscharführer von der Besoldungsstelle der Waffen-SS. Mit anderen Geistlichen übersetzt er Bibeltexte und Katechismus-Abschnitte ins Russische. Jeden Morgen hält er einen Gottesdienst mit einem Altar aus Brettern, der Tabernakel besteht aus Konservendosen. Vor dem Morgenappell um 6 Uhr muss die Messfeier beendet sein, oft wird sie von grölenden SS-Bewachern gestört.
Aufopferung für Typhuskranke
Im Dezember 1944 bricht eine Typhusepidemie in Dachau aus, innerhalb eines Monats sterben 2.800 Häftlinge. Jetzt kommen die SS-Gewaltigen mit einer Bitte zu den verhassten Pfarrern: Sie sollen Pflegerdienste in den verseuchten Baracken übernehmen. Unter den 20, die sich freiwillig melden, zehn Deutsche, zehn Polen, ist auch Pater Engelmar.
Andere Geistliche sparen sich Lebensmittel und Obst von ihren Hungerrationen für die Kranken ab oder melden sich als Blutspender. In den Typhusbaracken herrscht Chaos. Die vor Schmerz schreienden, im Delirium fantasierenden Kranken wälzen sich in ihrem eigenen Kot auf blanken Brettern, bei eisiger Kälte. Bettwäsche und Matratzen gibt es nicht. Die Lumpen auf den ausgezehrten Körpern wimmeln von Läusen und Flöhen.
"Das Gute ist unsterblich"
Pater Engelmar wäscht diese ausgemergelten Körper und ihre Lagerstätten, tröstet, spricht Mut zu. "Das ist er gewesen: Liebe", weiß ein mitgefangener Pfarrer zu berichten. Und in seinem letzten Brief nach Hause erklärt Engelmar Unzeitig unbeirrt, das Gute sei unsterblich, "wenn es uns auch manchmal nutzlos erscheint, die Liebe zu verbreiten in der Welt".
Am 2. März 1945, einen Tag nach seinem 34. Geburtstag, stirbt Engelmar Unzeitig an Typhus. Freunde schmuggeln seine aus dem Krematorium gerettete Asche aus dem Lager.