DOMRADIO.DE: Ihre Mitarbeitenden versuchen deutschlandweit einsamen Menschen zu helfen. Wie sieht das konkret aus?
Elena Oster (Referentin für Soziales Ehrenamt bei den Maltesern): Das Projekt "Miteinander – Füreinander", das seitens des Bundesseniorenministeriums gefördert wird und stark mit der Strategie gegen Einsamkeit einhergeht, hat das Ziel, Menschen vor Einsamkeit zu schützen. Das heißt, zum einen präventiv vorzugehen, dass man gar nicht in die Einsamkeit rutscht oder auch Menschen, die sich bereits in Einsamkeit befinden, aufzufangen.
In der Praxis sieht es dann so aus, dass sich unsere hauptamtlich wie auch ehrenamtlich Mitarbeitenden insbesondere vor Ort anschauen, welche Angebote und Bedarfe es gibt und dann stark mit den Menschen auf diese Bedarfe hin Angebote zu entwickeln.
Es handelt sich um niedrigschwellige Angebote, damit jeder Zugang dazu hat. Unter den Angeboten befinden sich Besuche, Begleitungen, Dienste, Seniorentreffs oder Ausflüge zu Kulturangeboten. Man versucht, zusammen Zeit zu verbringen und jedem das zu bieten, woran die jeweilige Person Interesse hat.
Man muss keine Scheu davor haben hinzugehen, einen Kaffee zu trinken oder am Lesezirkel teilzunehmen. So verbringt man seine Zeit mit anderen Menschen, anstatt alleine zu sein.
DOMRADIO.DE: Einsamkeit sieht man den Menschen nicht immer an. Wen erreichen Sie mit Ihren Angeboten und wen erreichen Sie vielleicht noch nicht?
Oster: Das ist richtig. Man sieht Einsamkeit nicht, man hört sie auch nicht. Wenn jemand ganz konkret sagt, dass sich die Person einsam fühlt oder Kontakte sucht, dann weiß man es. Bis das soweit ist, muss man Menschen auch so erreichen, dass sie sich wohlfühlen.
Heutzutage ist es so, dass die Menschen, die wir erreichen, meist auch diejenigen sind, die noch aktiv sind und selbst Kontakte suchen. Die nehmen auch selbst den Hörer in die Hand und fragen, ob jemand in der Umgebung mal wieder Lust auf ein Kartenspiel hätte.
Das sind vermehrt Menschen, die auch bei uns an den Angeboten teilnehmen oder sich sogar engagieren. Die Menschen, die wir noch nicht erreichen, sind Menschen, die vielleicht weniger Kontakte haben, sich nicht in der Umgebung auskennen und nicht wissen, an wen sie sich wenden können.
Da setzt das Projekt "Miteinander – Füreinander" auch an. Wir vernetzen uns stark vor Ort mit Pfarreien, mit der Kommune, mit anderen Trägern, um ein Bündnis zu bilden, dass all diejenigen erreicht werden, die es auch betrifft – also vom Friseur über den Supermarkt bis zu Ärzten.
Da gucken wir, dass vor Ort alle, die irgendwie Kontakte oder Zugänge haben, miteinander kooperieren und versuchen, allen die Möglichkeit zu bieten.
DOMRADIO.DE: Das Thema ist durchaus auch schambesetzt. Sprechen die Betroffenen darüber?
Oster: Vereinzelt gibt es diese Situation, dass jemand anruft oder zu uns vor Ort kommt. Die Person sagt, dass sie manchmal tagelang kein Wort spricht und sich einsam fühlt. Der Wunsch, mal wieder etwas zu unternehmen oder mit jemandem zu sprechen, wird geäußert.
Auch die Telefonanrufe von Menschen, die vielleicht mobil eingeschränkt sind, sind wichtig. Durch die Gespräche mit den Menschen kommt oft eine Vertrauensbasis zustande. Die Menschen öffnen sich dann und teilen durchaus ihre Gefühle über die Einsamkeit. Es braucht eine Vertrauensbasis, es braucht einen Zugang, bis man sich tatsächlich dafür öffnet.
DOMRADIO.DE: Wenn man weiß, dass ein Bekannter über das Fest alleine ist, muss man sich Sorgen machen und etwas unternehmen?
Oster: In erster Linie würde ich tatsächlich fragen, wie es der Person dabei geht. Man sollte nicht einfach voraussetzen, dass die Person einsam ist. Es gibt auch Menschen, die gerne Zeit alleine verbringen oder für die Weihnachten ein Tag wie jeder andere ist.
Tatsächlich ist es aber gerade an Weihnachten oder in der Adventszeit so, dass diese negativen Gefühle durchaus stärker oder deutlicher da sind. Erst einmal sollte man also die Person fragen, wie es ihr geht und ob man etwas für sie tun kann.
Auf der anderen Seite gibt es viele Angebote mittlerweile zur Advents - und Weihnachtszeit. Keiner muss alleine bleiben. Nachbarschaftshilfe, Telefonanrufe und die Kirche bieten Abhilfe. Es gibt viele Möglichkeiten, sich an Angeboten oder Terminen zu beteiligen. Man sollte darauf achten, dass man zumindest diese Angebote an den Weihnachtstagen im Umfeld bereithält.
Das Interview führte Elena Hong.