Viele Maler haben ihn porträtiert: Cranach, Adolf von Menzel, Barlach oder Corinth. Martin Luther als Mönch, als Junker Jörg, Kirchenvater und deutscher Heros, aber auch als fetter Trinker und Frauenheld. Der Reformator dürfte die am häufigsten bildlich dargestellte Person der deutschen Geschichte sein.
Doch wer war er wirklich? Am 31. Oktober 1517 heftete ein bis dahin unbekannter Mönch 95 Thesen gegen den Ablasshandel an das Portal der Schlosskirche in Wittenberg, so die Legende. Zu dieser Zeit hatte Luther sein Damaskus-Erlebnis bereits hinter sich: Gegen den Willen seines Vaters, des Eislebener Bergunternehmers Hans Luder, entschied sich der am 10. November 1483 geborene Martin 1505, in den Augustinerorden in Erfurt einzutreten. Äußerer Anlass für die Lebenswende soll ein schweres Gewitter gewesen sein.
Mönch mit Höllenängsten
Wie viele seiner Zeitgenossen quälte sich der junge Mönch mit Höllenängsten. Beim Studium des Römerbriefs des Apostels Paulus aber ging ihm dann 1514/1515 ein Licht auf: Gott ist nicht der strafende Richter, sondern ein gnädiger Retter, wenn der Mensch nur fest an ihn glaubt. Durch eigene Leistung konnte der Mensch nicht den Himmel verdienen: Der Ablasshandel der Kirche - Geld gegen Seelenheil - empörte ihn.
Luthers Ablass-Thesen waren der erste Schritt zur Eskalation. Die Bann-Androhung des Papstes verbrannte er demonstrativ. Vom wachsenden Zuspruch seiner Umgebung getragen, holte Doktor Martinus - immer unter Berufung auf die Bibel - zum Rundumschlag aus. In Schriften wie "An den christlichen Adel deutscher Nation" prangerte er 1520 die Prunksucht des Papstes und die moralische Verkommenheit der Kirche an. Den Papst verurteilte er als Antichrist. Viele Heilsangebote der spätmittelalterlichen Kirche - von Wallfahrten bis zu Reliquien - waren für ihn Aberglaube. Damit war das Tischtuch endgültig zerschnitten.
Bannbulle durch Papst Leo X.
Am 3. Januar 1521 stellte Papst Leo X. die Bannbulle aus. Luther war ein Ketzer. Auch auf dem Reichstag zu Worms im April 1521 verweigerte der Mönch mit dem prophetischen Sendungsbewusstsein auch vor Kaiser Karl V. den Widerruf - mit dem ihm zugeschriebenen Satz: "Hier stehe ich, ich kann nicht anders, Gott helfe mir. Amen."
Der Scheiterhaufen drohte. Zu seinem Glück stellte sich sein Landesherr Friedrich der Weise gegen den Kaiser und ließ den Mönch vorsorglich auf die Wartburg bei Eisenach entführen. Getarnt als Junker Jörg, verbrachte er zehn Monate auf der zugigen Feste - eine für die deutsche Kultur entscheidende Phase. Denn hier übersetzte Luther das Neue Testament aus dem Griechischen und schuf damit zugleich eine einheitliche deutsche Schriftsprache.
Unterdessen verbreitete sich seine Lehre - auch Dank des Buchdrucks. Sogar die aufständischen Bauern, die über wachsende Abgaben und Frondienste für Adel und Kirche klagten, beriefen sich auf Luther.
Zunächst wetterte auch Luther gegen den Hochmut der Fürsten. Doch dann forderte er dieselben Fürsten im Bauernkrieg 1525 auf, die "mörderischen und räuberischen Rotten der Bauern" zu töten. Aufruhr gegen die weltliche Obrigkeit war für ihn Teufelswerk. Luthers Autorität im Volk sank. Er stützte seine Kirchenreform umso stärker auf die Fürsten.
Privater Bruch mit der Kirche
Jetzt vollzog Luther auch privat den Bruch mit der alten Kirche. Im Juni 1525 heiratete der 41-Jährige die frühere Nonne Katharina von Bora, seinen "Herrn Käthe". Der Reformator ging auf Predigtreisen, hielt Vorlesungen, entwickelte Kirchen- und Gottesdienstordnungen. 1534 kam seine "ganze Heilige Schrift Deutsch" heraus.
Doch mit dem Alter bekommt das Bild Luthers tiefe Kratzer. Bedrängt von Katholiken und radikalen Kräften unter den Protestanten, verfinsterte sich sein Weltbild. In seiner Hetzschrift "Von den Juden und ihren Lügen" forderte er 1543, deren Synagogen und Häuser niederzubrennen und sie in Sammellager zu sperren. Luthers Antijudaismus war nicht rassistisch: Wütend stellte er fest, dass sie sich nicht bekehren lassen wollten.
Am 18. Februar 1546 starb der Reformator in Eisleben. "Wenn ich wieder heim gen Wittenberg komm", schrieb er kurz zuvor an seine Käthe, "so will ich mich alsdann in den Sarg legen und den Maden einen feisten Doktor zu fressen geben".