Mehr Austritte in Freiburg und Osnabrück, weniger in Frankfurt

Kein Trend absehbar

Nach den Missbrauchsfällen steigt die Zahl der Kirchenaustritte in einigen Regionen in Deutschland offenbar an. Ein eindeutiger Austrittstrend ist allerdings einer Umfrage unter Bistümern zufolge nicht erkennbar.

 (DR)

Im Erzbistum Freiburg erklärten mehr als doppelt so viele Gläubige im vergangenen Monat im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ihren Austritt aus der katholischen Kirche. Wie die Pressestelle der Erzdiözese auf ihrer Homepage am Dienstag weiter mitteilte, verließen im März 2.711 Menschen die katholische Kirche, 2009 wurden im gleichen Monat 1.058 Kirchenaustritte gezählt.

"Das schmerzt", schreibt Freiburgs Generalvikar Fridolin Keck. Erzbischof von Freiburg ist der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch. Nach Ansicht des Erzbistums sind die vielen Fälle von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche zwischen 1950 bis 1980 nun Anlass für viele Kirchenaustritte, nicht aber der eigentliche Grund. Die Hauptgründe lägen nach den Erfahrungen der Erzdiözese eher darin, dass sich Menschen schon länger von der Kirche entfremdet hätten.

Das Erzbistum Hamburg befürchtet ab März steigende Austritte, besonders in der Stadt Hamburg. Dafür gebe es Anzeichen, sagte Sprecher Manfred Nielen auf Anfrage. Beziffern könne er dies jedoch nicht. Konkrete Zahlen aus den Standesämtern liegen noch nicht vor, insbesondere nicht aus den Bundesländern Schleswig-Holstein und Mecklenburg, die auch zum nördlichsten Erzbistum gehören. Im Februar 2010 seien allerdings im Vergleich zum Vorjahr keine vermehrten Austritte registriert worden.

Auch im Bistum Osnabrück stieg die Zahl der Kirchenaustritte in den ersten Apriltagen deutlich an. Allein in der ersten Woche des Monats habe es 265 Austritte gegeben, sagte Bistumssprecher Hermann Haarmann dem epd am Dienstag. Von Januar bis März waren die Zahlen noch von 226 auf 166 pro Monat zurückgegangen. Das sei auch in beiden vorherigen Jahren ein ungefährer Mittelwert gewesen, sagte Haarmann. Das Bistum habe zwar wegen der Missbrauchsdiskussion mit einem Anstieg gerechnet: "Aber dennoch ist ein so deutlicher Ausschlag bitter."

Zwar sei auch im Zusammenhang mit der Diskussion um die umstrittene Pius-Bruderschaft in der katholischen Kirche vor etwa einem Jahr ein deutlicher Anstieg der Austrittszahlen zu verzeichnen gewesen. Doch der sei schnell wieder abgeebbt. Zudem habe sich die Debatte damals eher ein Problem des Papstes gedreht: "Diesmal geht es bis in die einzelnen Gemeinden, und ein Ende ist noch nicht abzusehen."

Auch im Bistum Osnabrück waren in den vergangenen Wochen mehrere Fälle von sexuellem Missbrauch in der Vergangenheit bekannt geworden, unter anderem an zwei Klosterschulen im Emsland. Noch am Montag hatte das Bistum bekanntgegeben, dass zudem gegen einen Priester Vorwürfe wegen sexuellen Missbrauchs erhoben worden seien. Er habe als Kaplan zwischen 1970 und 1983 in Lingen und Bremen gearbeitet. Die Staatsanwaltschaften seien informiert.

Eine spürbare Veränderung im gemeindlichen Leben habe die Debatte bislang nicht gehabt, erläuterte der Sprecher. Die Zahl der Gottesdienstbesucher wie auch das Engagement der Ehrenamtlichen habe sich nach Berichten der Pfarrer vor Ort nicht verändert. Auch habe es keine Abmeldungen von katholischen Schulen oder Kindergärten gegeben.

Kein Austritts-Trend zeigt sich im Bezirk Frankfurt am Main des Bistums Limburg. Dort haben im ersten Quartal dieses Jahres knapp ein Viertel weniger Menschen die Kirche verlassen als im gleichen Vorjahreszeitraum. "Die Zahl ist von 506 auf 396 gefallen", sagte Stephan Schnelle von der Öffentlichkeitsarbeit des Bistums dem epd. Das Bistum Limburg umfasst rund 6.000 Quadratkilometer in den Ländern Hessen und Rheinland-Pfalz. Es hat rund 677.000 Mitglieder. Etwa ein Drittel davon leben im Bezirk Frankfurt am Main.

Völlig anders stelle sich die Situation im Bezirk Wiesbaden dar, berichtete Schnelle. Hier hätten in den ersten drei Monaten dieses Jahres 206 Menschen der katholischen Kirche den Rücken gekehrt, 41 mehr als im gleichen Vorjahreszeitraum. Über die Gründe lasse sich nur spekulieren, so Schnelle, denn die Austritte erfolgten über die Amtsgerichte. Nur in den Fällen, in denen sich Austrittswillige oder Ausgetretene direkt an die Gemeinden oder das Bistum wenden, erfahre man die wahren Beweggründe.