Papst in Sorge um Obdachlose in Rom

Mehrere Menschen erfroren

Für wohnungslose Menschen in der Ewigen Stadt ist der diesjährige Winter besonders hart. Wegen der geltenden Seuchenschutzauflagen gibt es kaum Gelegenheit, sich in warmer Stube aufzuwärmen. Der Papst will helfen.

Autor/in:
Alexander Pitz
Obdachlose im Vatikan / © Stefano dal Pozzolo/Romano Siciliani (KNA)
Obdachlose im Vatikan / © Stefano dal Pozzolo/Romano Siciliani ( KNA )

Inmitten der Corona-Pandemie spielt sich im winterlichen Rom eine Tragödie ab. Experten warnen bereits seit längerem, dass die Lockdown-Regeln vor allem für wohnungslose Menschen gefährlich seien. Tatsächlich sind die Übernachtungsmöglichkeiten in den einschlägigen Unterkünften deutlich reduziert. Abstandsvorschriften fordern ihren Tribut - die Folgen erweisen sich in etlichen Fällen als tödlich.

In diesem Winter sind in der italienischen Hauptstadt schon mindestens zehn Obdachlose erfroren.

Papst will sich kümmern

Einer, dem das Schicksal der "Senzatetto" besonders am Herzen liegt, ist der Papst. Unter den Kolonnaden des Petersplatzes ließ Franziskus bereits vor Jahren Duschen, Toiletten und einen regelmäßigen Friseurservice für sie einrichten. Viele nehmen das Angebot in Anspruch. Das päpstliche Almosenamt kümmert sich in der Corona-Krise verstärkt um die Betroffenen rund um den Vatikan. Dort nächtigen sie, zumeist dicht an dicht, in kleinen Zelten oder auf bloßen Pappkartons.

Obwohl das vatikanische Gesundheitsamt sogar Corona-Impfungen für die Bedürftigen organisiert, gelingt es nicht, allen zu helfen. Ende Januar wurde ein 46-Jähriger Opfer der Kälte - in unmittelbarer Nähe von Sankt Peter. Der aus Nigeria stammende Mann mit österreichischem Pass war in der Szene als "Edwin" bekannt. Man fand ihn leblos auf einem Karton liegend, eingewickelt in eine alte Decke.

Der Papst reagierte schockiert auf die Todesnachricht, machte sich selbst Vorwürfe. "Lasst uns für Edwin beten. Denken wir an ihn und an das, was er gefühlt haben muss. 46 Jahre, in dieser eisigen Kälte, von allen verlassen, auch von uns", sagte Franziskus beim sonntäglichen Angelus-Gebet. Er erinnerte an einen Ausspruch Papst Gregors des Großen (590-604). Der hatte angesichts des traurigen Kältetodes eines Bettlers angeregt, an einem solchen Tag sollten in Rom keine Messen gefeiert werden.

Die Betroffenheit kommt nicht von ungefähr. Seit Ausbruch der Pandemie mahnt der oberste Repräsentant der katholischen Kirche immer wieder, die Schwächsten der Gesellschaft stärker in den Blick zu nehmen. Entschieden wendet er sich bei jeder Gelegenheit gegen eine weltweit verbreitete "Wegwerfkultur". Im zunehmend rücksichtslosen Umgang mit Notleidenden zeige sich, dass die Achtung vor dem menschlichen Leben abhanden gekommen sei, so der Vorwurf des Argentiniers. Ein echter Wandel zum Besseren ist nach seiner Auffassung nur durch mehr Brüderlichkeit und Solidarität möglich.

Krajewski sorgt für Schlagzeilen

Weil Franziskus nicht alles allein schaffen kann, hat er für den Dienst an den Armen einen persönlichen Helfer. Der päpstliche Almosenbeauftragte Kardinal Konrad Krajewski ist dafür zuständig, den Obdachlosen in der Pandemie beizustehen. Von den Medien als "Robin Hood" tituliert, wirkt der Geistliche in der Tat als Aktivposten.

Kaum eine Krisenwoche vergeht, in der Krajewski nicht für Schlagzeilen sorgt. Das erste Ausrufezeichen setzte er im vergangenen März. Damals ordnete das Bistum Rom aufgrund der Seuchengefahr an, alle Kirchen der Stadt komplett zu schließen. Der Pole sah darin einen eklatanten Widerspruch zu seiner Jobbeschreibung und entschloss sich zum Widerstand. Pfarreien sollten "die Kirchen offen halten, um Bedürftige ohne Wohnsitz aufzunehmen", forderte er.

Der Kurienkardinal ignorierte die Lockdown-Anordnung nicht nur, sondern zelebrierte den Regelverstoß geradezu: Öffentlichkeitswirksam fuhr er zu seiner Titelkirche Santa Maria Immacolata all'Esquilino und öffnete persönlich das Portal. "Unter voller Berücksichtigung der Sicherheitsnormen ist es mein Recht, den Armen eine offene Kirche zu bieten", rechtfertigte Krajewski sein Vorgehen. Wenig später machte das Bistum die Schließungen rückgängig.

Es gibt allerdings Fälle, in denen kann selbst der umtriebige Almosenbeauftragte nicht viel ausrichten. Mitte Januar starb "Robertino", ein Obdachloser, der jahrelang auf einem Platz nahe der Vatikanmauer gelebt hatte. Nach mehreren schweren Lungenentzündungen tat der 64-Jährige seinen letzten Atemzug. Bei der Totenmesse fand Krajewski Trost darin, dass der Italiener - anders als "Edwin" - nicht ungeschützt im Freien erfror. "Robertino" sei in einem Wohnheim gestorben - "umgeben von der Wärme freiwilliger Helfer".


Obdachloser in Rom / © Andriy Blokhin (shutterstock)
Quelle:
KNA