Menschenrechtler Bielefeldt: Missionierung ist Teil der Religionsfreiheit

"Korane zu verteilen ist in Ordnung"

Der katholische Menschenrechtler Heiner Bielefeldt hat das Recht von Salafisten auf Missionierung verteidigt. So sei es völlig in Ordnung, Korane zu verteilen. Verfassungsfeindliche Propaganda dagegen widerspreche der Religionsfreiheit.

Koran-Verteilaktion "Lies!" / © Franziska Kraufmann (dpa)
Koran-Verteilaktion "Lies!" / © Franziska Kraufmann ( dpa )

"Korane zu verteilen ist in Ordnung, darauf haben Salafisten ein Recht", sagte der Professor für Menschenrechte an der Universität Erlangen-Nürnberg, Heiner Bielefeldt, der "Stuttgarter Zeitung" am Mittwoch. Missionierung im Sinne einer gewaltfreien Werbung für die eigene Glaubensposition sei eine "Einladung zum Religionswechsel" und falle somit unter die Religionsfreiheit. Verfassungsfeindliche Propaganda sei jedoch zu verurteilen.

Verein "Die Wahre Religion" weiterhin verboten

Vergangene Woche war eine Klage gegen das Verbot des Vereins "Die Wahre Religion" vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zurückgezogen worden. Damit bleibt die Gruppe verboten. Der Verein hatte vor einigen Jahren unter dem Motto "Lies!" Aktionen zur Verteilung kostenloser Übersetzungen des Korans in deutschen Fußgängerzonen organisiert.

Sicherheitsbehörden galt die Aktion als maßgeblicher Radikalisierungsfaktor für junge Muslime. Teilnehmer der Aktionen sollen nach Syrien und in den Irak ausgereist sein, um sich Terrororganisationen wie dem "Islamischen Staat" (IS) anzuschließen. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) erließ daher Ende Oktober 2016 ein Vereinsverbot gegen die Gruppe.

Die Unterscheidung zwischen Missionierung und Indoktrinierung sei "in der Tat im Einzelnen schwer", räumte Bielefeldt ein.

Recht auf Religionswechsel

"Es gibt zweifellos Formen von Zwangsbekehrung, die natürlich illegitim wären. Das Recht auf Religionswechsel als solches ist absolut." Allerdings sei das Recht auf Religionswerbung nicht ohne Vorbehalt, ergänzte er. Überall wo Machtungleichgewichte bestünden, sei Vorsicht angebracht. Dazu zählt er beispielsweise den Schulunterricht.

"In Myanmar wurden Kinder während eines Schulausflugs zum Buddhismus konvertiert, ohne dass die Eltern Bescheid wussten. In China versucht man Kinder von Uiguren dazu zu verlocken, während des Ramadans die islamischen Fastengebote zu brechen. Das geht alles nicht", sagte der ehemalige UN-Sonderberichterstatter, der im neuen Ökumenischen Bericht zur Religionsfreiheit von Christen weltweit ein Kapitel zum Recht auf Glaubenswechsel verfasst hatte.

Bei den UN-Treffen zur Religionsfreiheit seien katholische Nichtregierungsorganisationen zu wenig präsent, kritisierte der Theologe. Er wünsche sich mehr Engagement der katholischen Zivilgesellschaft. "Religionsfreiheit ist nicht nur eine Sache der Frommen", so Bielefeldt.


Quelle:
epd
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