Menschenrechtler fordern mehr Einsatz für verfolgte Christen im Iran

Günstiger Zeitpunkt

20.000 Menschen sitzen im Iran im Gefängnis, nur weil sie dem Regime widersprochen oder eine andere Religion angenommen haben. Der Westen könnte viel mehr für sie tun, sagen Menschenrechtler, sei aber ganz auf das geplante Atomabkommen fixiert.

Irans Präsident Ruhani (dpa)
Irans Präsident Ruhani / ( dpa )

Menschenrechtler haben die Bundesregierung zu mehr Engagement für verfolgte Christen im Iran aufgerufen. Trotz der Verhandlungen über ein Atomabkommen dürften Deutschland und EU die systematische Entrechtung der Iraner nicht vergessen, sagt der Vorstandsvorsitzende der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte, Martin Lessenthin.

Naghmeh Abedini, die Frau des seit 2013 inhaftierten iranischstämmigen Pastors Saeed Abedini, ergänzt, man müsse im Iran kein Verbrechen begangen haben, um im Gefängnis zu landen. Es reiche, einen anderen Glauben oder eine abweichende politische Meinung zu vertreten.

Gottesdienste nur in heimlichen Hauskirchen möglich

Demnach leben im Iran Schätzungen zufolge mehrere Hunderttausend Christen. Rund 20.000 säßen aus politischen Gründen oder wegen ihres Glaubens im Gefängnis. Laut Lessenthin könne Deutschland viel mehr für sie tun und habe vor allen anderen Staaten die größten Möglichkeiten, positiv auf die iranische Regierung einzuwirken.

Lessenthin zufolge wächst der Anteil der Konvertiten im Iran, viele Muslime wendeten sich dem Christentum zu: "Das theokratische Regime schreckt einfach Menschen ab". Ihren christlichen Glauben offen ausleben dürfe lediglich die vor 100 Jahren eingewanderte Minderheit der Armenier. "Das liegt daran, dass dem Islam dadurch aus Sicht der Regierung nichts verloren geht." Kirchen dürften nicht gebaut werden, missionieren sei verboten, ebenso wie das Abhalten von Zusammenkünften mit mehr als 12 Personen. Daher müssten Christen ihren Glauben in sogenannten Hauskirchen feiern. Neben Andersgläubigen und Oppositionellen würden im Iran auch Homosexuelle und nicht-persische ethnische Minderheiten verfolgt, so Lessenthin.

"Ich kenne sehr viele Familien im Iran mit inhaftierten Angehörigen", sagt Abedini. Die 38-Jährige lebt mit ihren zwei Kindern in den USA und ist derzeit in Deutschland, um auf das Schicksal ihres Mannes aufmerksam zu machen. Dieser habe durch Schläge innere Verletzungen erlitten, die Behörden verweigere ihm aber medizinische Hilfe. Abedini will nun Vertreter der Bundesregierung, des Bundestags und des Europäischen Parlaments treffen.

Zeitfenster schließt sich

Der gebürtige Iraner Abedini war im Jahr 2000 zum Christentum konvertiert und 2004 mit seiner Frau in die USA emigriert. Regelmäßig kehrte er in sein Heimatland zurück, um sich in sozialen Projekten zu engagieren. Im Herbst 2012 wurde Abedini verhaftet und Anfang 2013 zu acht Jahren Gefängnis verurteilt. Zur Begründung hieß es, er sei eine Bedrohung für die iranische Sicherheit, da er christliche Versammlungen organisiert habe.

Lessenthin verweist darauf, dass sich das Zeitfenster für Verbesserungen bei den Menschenrechten im Iran schließen werde, sobald die Tinte unter dem Nuklearabkommen getrocknet sei. Der Zeitpunkt, Einfluss zu nehmen, sei daher besonders günstig. "Wir müssen alles Mögliche unternehmen, um die religiösen und politischen Gefangenen im Iran zu befreien." Christen wie Abedini würden vom Iranischen Regime als eine Art Faustpfand gegenüber den USA festgehalten.

Die UN-Vetomächte und Deutschland verhandeln mit dem Iran seit Monaten über eine Überwachung des Atomprogramms in dem islamischen Land. Ziel ist, den Iran vom Besitz von Atomwaffen abzuhalten. Dafür will der Westen bestehende Sanktionen lockern.


Quelle:
epd , DR