40 Jahre ist es her, dass Christel und Rupert Neudeck die Fernsehbilder von ertrinkenden Menschen im Meer nicht länger aushalten wollten. Zusammen mit Heinrich Böll ging Rupert Neudeck, Journalist und fortan auch Menschenrechtsaktivist, selbst ins Fernsehen. Sammelte so viele Spenden, dass die Familie mit Freunden und Unterstützern ein Schiff, die Cap Anamur, chartern und ins Südchinesische Meer aufbrechen konnte.
In dem damals zehntausende Menschen ertranken. Der Vietnamkrieg war verloren, die kommunistische Regierung Nordvietnams übernahm den Süden, richtete grausame Umerziehungslager für Regimegegner ein, es herrschten Hunger, Angst und Not.
Mehr als 1,6 Millionen sogenannter „boat people“ versuchten damals die Flucht übers Meer. Viele wurden von Piraten ermordet oder ertranken in ihren kleinen Booten.
Über 11000 Menschen ertranken nicht, sondern wurden von der Cap Anamur gerettet, fanden in Deutschland ein neues Leben.
„Ein Wunder“, sagt Van Hong Le, einer dieser Geretteten, heute. 1980 wagte sich der damals 19jährige Fischer auf die Flucht über das Südchinesische Meer.
Nach vier Tagen waren sie von einem Patrouillenboot beschossen worden, hatten kein Wasser mehr und trotz Regenzeit fiel kein Regen: das Ende schien nah, als plötzlich ein Hubschrauber am Himmel erschien.
Der lotste das kleine volle Boot „bis zu einem Berg aus Schiff. Noch nie hatte ich so ein großes Schiff gesehen“, erzählt Van Hong Le auch 40 Jahre später noch bewegt.
Heute lebt Van Hong Le als Übersetzer in Hamburg. Schon lange hilft er selber Geflüchteten.
Und auch der Verein Cap Anamur hat nie aufgehört zu helfen: in vier Jahrzehnten sind in über 60 Ländern etwa 25 Millionen Patienten behandelt und unzählige Leben gerettet worden.
Zum Jubiläum fragt Spiegel Online Christel Neudeck, warum sie sich das immer angetan habe.
Die Frage verstehe sie nicht, antwortet Christel Neudeck: „Wenn Sie eine Brücke in Afghanistan bauen und die Nachricht bekommen, dass die ersten Lkw darübergefahren sind, dann ist das wie Weihnachten.“
So wunderbar die Rettung von Van Hong Le, die heutigen Bilder aus dem Mittelmeer bedrücken ihn sehr: „Menschlichkeit kommt von Mensch“ sagt er, aber eine Selbstverständlichkeit sei es leider nicht.
Sein größter Wunsch: dass wir das ganze Thema Flucht ruhiger angehen, damit es in Europa friedlich bleibt.