Merkel lobt Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit

"Großartige und unverzichtbare Arbeit"

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die bundesweit mehr als 80 Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit gewürdigt. Sie leisteten "großartige und unverzichtbare Arbeit", sagte Merkel am Dienstagabend in Berlin. Beim Festakt zum 60-jährigen Bestehen des Deutschen Koordinierungsrats der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, betonte sie, deren Beitrag zum Abbau hartnäckiger Vorurteile sei nicht hoch genug einzuschätzen.

 (DR)

Auch beim Neuanfang Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg hätten die Einrichtungen große Dienste geleistet, so die Kanzlerin weiter. Sie hätten das demokratische Bewusstsein gestärkt und Wissen über den Staat Israel verbreitet. Merkel betonte, die Erinnerung an den Völkermord an den Juden sei Teil der deutschen Staatsräson. Dies sei für sie selbst wie für ihre Vorgänger im Amt nicht verhandelbar. Zugleich bezeichnete sie den Dialog mit der muslimischen Welt als unentbehrlich.

Die Präsidentin des Zentralrats der Juden, Charlotte Knobloch, kritisierte, die Affäre um die Holocaust-Leugner in der traditionalistischen Piusbruderschaft habe «noch immer kein befriedigendes Ende gefunden». Gemildert worden sei sie jedoch durch die breite Solidarität, die unter anderen die Bundesregierung sowie katholische und evangelische Kirchenführer der jüdischen Gemeinschaft gegenüber bekundet hätten.

Der stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Heinrich Mussinghoff, äußerte den Wunsch, dass Juden und Christen «auch bei aufkommenden Differenzen in vertrauensvollem Dialog miteinander bleiben». Zu Knobloch gewandt sagte der Aachener Bischof: «Uns verbindet der gemeinsame Schmerz über das Geschehene».

Mussinghoff ist Vertreter der Bischofskonferenz für die religiösen Beziehungen zum Judentum. Er betonte, zu den unumstößlichen Aussagen des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-65) und der nachkonziliaren Zeit gehöre die Verurteilung jeglicher Form von Antisemitismus und Antijudaimus. Dies sei bis in die letzten Gemeinden angekommen, sagte Mussinghoff unter dem Applaus der Zuhörer. Die Pionierarbeit der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit gehöre zur Vorgeschichte des Konzils.

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, rief Juden und Christen auf, in ihren Beziehungen ein Vorbild zu sein. Ihr Dialog solle zeigen, «wie das gemeinsame Erbe unserer religiösen Überlieferungen in seiner Gegenwartsbedeutung gewahrt und wie zugleich mit kulturellen und religiösen Differenzen konstruktiv umgegangen wird».

Der jüdische Präsident des Koordinierungsrats, Rabbiner Henry G. Brandt, bezeichnete die Arbeit der Gesellschaften als Erfolgsgeschichte. Ihre 20.000 Mitglieder hätten seit 1949 bis zu 40.000 Veranstaltungen durchgeführt, davon hunderte bundesweit. Als künftige Aufgaben nannte er eine stärkere Einbindung der jüngeren Generation und den Dialog mit den Muslimen.