Michel Bergmann über ´Weinhebers Koffer´

Jüdisches Leben früher und heute

In seinem Roman ´Weinhebers Koffer´ verknüpft Michel Bergmann die Gegenwart mit der Vergangenheit. Er erzählt die Geschichte Israels und schildert zugleich das Schicksal der in Deutschland von den Nationalsozialisten gedemütigten, verfolgten und ermordeten Juden.

Michel Bergmann / © Bergmann (privat)
Michel Bergmann / © Bergmann ( privat )

"Ich wollte ohne erhobenen Zeigefinger die Geschichte eines Flüchtlings erzählen", sagt Michel Bergmann im DOMRADIO.DE Interview. "Dazu wollte ich den Israel-Palästina Konflikt nicht unerwähnt lassen, sondern zeigen, dass er schon seit vielen, vielen Jahrzehnten da ist." Und so spielt der Roman "Weinhebers Koffer" in Deutschland und in Israel. Er erzählt von einem jüdischen Flüchtling, der 1939 nach Israel flieht, und zugleich von einem Journalisten der aus Berlin den Spuren des jüdischen Schriftstellers folgt. "Durch die Suche nach diesem ominösen Weinheber, findet er auch gleichzeitig zu seinem Judentum", sagt der Autor über seinen Romanhelden Elias Ehrenwerth.

Das Symbol Koffer verfolgt mich

Aber alles der Reihe nach. Der junge Journalist Ehrenwerth sucht ein Geburtstagsgeschenk für seine Freundin Lisa Winter. Bei einem Trödler findet er einen uralten Koffer mit den Initialen L. W.. Er kauft diesen Koffer für seine Freundin. Zuhause aber entdeckt er in dem Koffer eine alte Visitenkarte – Leonhard Weinheber steht darauf geschrieben. Elias Ehrenwerth folgt dem Schicksal des jüdischen Schriftstellers Leonhard Weinheber, dem der Koffer einst gehörte. "Dieses Symbol Koffer verfolgt mich schon seit langer Zeit", sagt Michel Bergmann. "Und die Idee, das Leben eines Dichters zu erfinden, war für mich immer schon sehr reizvoll und ich bin oft angerührt, wenn Leute nach der Lesung fragen, wo kann man denn dieses Buch von diesem Weinheber kaufen, gibt es das, ist das noch einmal nachgedruckt worden?".

Was die AFD sagt ist brandgefährlich

Den jüdischen Schriftsteller Leonhard Weinheber und seinen Roman über ein frühes Judenpogrom in Berlin hat Michel Bergmann frei erfunden. Aber er erzählt es so authentisch, als sei es tatsächlich passiert. Genau wie die Suche des Journalisten Ehrenwerth nach dem verfolgten und verstorbenen Schriftsteller. Diese Suche führt Ehrenwerth nach Israel und mitten in den Israel-Palästina Konflikt. "Das Leidthema ist immer: Versetz dich doch mal in die Lage des anderen, und es wird dort nicht gemacht. Keiner macht das", beschreibt Bergmann die Situation im Nahen Osten. Solange die radikalen Kräfte auf der palästinensischen Seite nicht bereit seien, das Existenzrecht Israels anzuerkennen, solange werde Israel auch nichts tun, den Palästinensern entgegenzukommen, ist der Autor überzeugt.

Die Situation im Nahen Osten sei ziemlich hoffnungslos, sagt Michel Bergmann. Sein Roman Weinhebers Koffer zeigt auch die Ursprünge dieses Konflikts und erzählt von den jüdischen Flüchtlingen, die einst vor den Nazis fliehen mussten und nach Israel kamen. Dass heute ein AFD Politiker die Verbrechen der Nazis als einen – so wörtlich – ´Vogelschiss´ in der Geschichte bezeichnet, macht Michel Bergmann, der selbst ein Kind jüdischer Flüchtlinge ist, ratlos. "Es ist menschenverachtend und brandgefährlich", sagt er, "aber ich habe auch keine Idee, was man jetzt machen kann? Wenn man die AFD ignoriert, stärkt man sie, und wenn man sie nicht ignoriert und in jede Talkshow einlädt, stärkt man sie ebenso. Sie sind einfach da. Aber die AFD ist ja keine ernstzunehmende parlamentarische Größe. Immer nur NEIN zu sagen, ist doch keine Politik."


Quelle:
DR