Die verbliebenen Personen könnten "in den nächsten Stunden" von Bord, sagte Italiens Innenminister Matteo Salvini (Lega) laut Medienberichten bei einer Parteiveranstaltung am Samstagabend. 20 von ihnen würden von Albanien aufgenommen. Die anderen gingen in "ein-zwei andere Länder", während der Großteil von der italienischen Kirche beherbergt werde. Dies habe er persönlich ausgehandelt, sagte Salvini.
Dem Vize-Premierminister und Chef der fremdenfeindlichen Lega wird Amtsmissbrauch und Freiheitsberaubung vorgeworfen, wie die Nachrichtenagenturen Ansa und ADN Kronos am Samstag berichteten.
Kirche nimmt 100 Migranten auf
Um den Großteil der Migranten an Bord - nämlich 100 - kümmere sich die italienische Bischofskonferenz, teilte die Regierung in Rom mit. Albanien und Irland - letzteres besucht derzeit Papst Franziskus - nehmen demnach mindestens jeweils 20 Menschen auf. Der irische Außenminister Simon Coveney twitterte, er könne bestätigen, dass sein Land bis zu 25 Migranten von der "Diciotti" aufnehmen werde. Mit den EU-Partnern werde an einer nachhaltigeren Lösung gearbeitet.
Die Europäische Union forderte derweil eine langfristige Lösung der Migrationsfrage. EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos sagte, er begrüße, dass eine Lösung gefunden worden sei und die Migranten nun von Bord gehen könnten, um behandelt zu werden. Das sei dank der Solidarität über Grenzen und Länder hinweg möglich gewesen. "Aber wir können nicht immer auf diese Art von Gefälligkeits-Solidarität warten. Wir müssen strukturelle Maßnahmen haben."
Vermittlungsgespräche in Brüssel erfolglos
Das Schiff "Diciotti" der italienischen Küstenwache liegt seit Montag im sizilianischen Catania, nachdem es zuvor schon fünf Tage auf dem Mittelmeer unterwegs war. Von den 177 Migranten an Bord durften bisher nur Minderjährige und Kranke von Bord gehen. Eine Erlaubnis zum Landgang für die übrigen knüpfte Italien an die Zusage anderer EU-Staaten, die Flüchtlinge aufzunehmen. Vermittlungsgespräche in Brüssel blieben am Freitag erfolglos.
Zahlreiche Hilfsorganisationen, auch katholische wie der Jesuiten-Flüchtlingsdienst und die Caritas, hatten die harte Haltung Salvinis verurteilt. Auch mehrere Bischöfe meldeten sich kritisch zu Wort. Am Freitag sagte der sizilianische Kardinal Francesco Montenegro, Präsident der italienischen Caritas, der Zeitschrift "Famiglia Cristiana" zur Lage der Flüchtlinge: "Wenn es Hunde wären, wäre schon der Tierschutz eingeschritten."