Migrantenkarawane versucht US-Grenze zu stürmen

Situation spitzt sich zu, Kritik an Helfern wächst

Mehrere hundert Migranten aus Mittelamerika haben im mexikanischen Tijuana versucht, die Grenze zu den USA stürmen. Die Kritik an Aktivisten im Hintergrund nimmt zu.

Autor/in:
Tobias Käufer
Migranten an der Grenze zu den USA  / © Ramon Espinosa (dpa)
Migranten an der Grenze zu den USA / © Ramon Espinosa ( dpa )

Sonntag in Tijuana: Eine zunächst friedliche Demonstration von Migranten aus der vor über einem Monat aus Honduras in Richtung USA gestarteten Karawane eskaliert. Als die mexikanischen Sicherheitskräfte eine Brücke zum Grenzübergang "El Charrapal" sperren, rufen Aktivisten und Migranten aus dem Demonstrationszug dazu auf, eine Nebenstraße zu nehmen, die auf Umwegen zum Grenzübergang führt. Anschließend gerät die Situation außer Kontrolle: Ein Teil der Migranten überquert den naheliegenden Grenzfluss "Rio Tijuana" und gelangt direkt an die Grenze.

Eine Gruppe versucht, eine Mauer niederzureißen, wird aber von Grenzbeamten zurückgedrängt. US-Sicherheitskräfte setzen Tränengas ein und rechtfertigen ihren Einsatz damit, Ziel von Wurfgeschossen geworden zu sein. Laut offiziellen Angaben werden 16 Mexikaner sowie 36 Honduraner, darunter sieben Frauen, verhaftet. Mexikos Regierung kündigt eine Null-Toleranz-Strategie an: Migranten, die versucht hätten, Polizeisperren zu durchbrechen, würden abgeschoben. Amnesty International kritisiert unterdessen den Einsatz von Tränengas gegen verängstigte Familien.

Spiel von US-Präsident Trump

Die Situation spitzt sich zu. Unter Druck gerät nun auch die Organisation "Pueblo Sin Fronteras", "Volk ohne Grenzen". Helfer der Nichtregierungsorganisation hatten Migranten aus Honduras auf ihrem Weg begleitet. Der katholische Priester und Träger des Nationalen Menschenrechtspreises in Mexiko, Alejandro Solalinde, nannte es irrational, dass die Helfer die Betroffenen dorthin geführt hätten, wo es keine Lösung gebe. Letzten Endes betrieben sie damit das Spiel von US-Präsident Trump.

"Es gibt hier einen negativen Faktor, und der heißt 'Pueblo Sin Fronteras'", zitieren lokale Medien den Geistlichen. In den Reihen der Gruppe befänden sich einige Extremisten, die nicht aus Nächstenliebe handelten. Solalinde ist Gründer einer Unterkunft für Migranten mit dem Namen "Hermanos en el Camino" ("Brüder auf der Reise") in Ixtepec im Bundesstaat Oaxaca. Der katholische Priester hatte im Laufe der vergangenen Jahre wegen seines sozialen Engagements zahlreiche Morddrohungen erhalten.

Humanitären Notstand ausgerufen

Während Sprecher von "Pueblo sin Fronteras" immer wieder betonten, sie seien nicht die Organisatoren der Karawane, äußerte sich Jose Maria Garcia Lara, Koordinator der Allianz für Migranten in Tijuana, in "Frontera" ebenfalls kritisch zu der Rolle der Organisation. Es sei sehr traurig, dass diese Gruppe nun keine Verantwortung übernehme und die Situation zunehmend außer Kontrolle gerate.

Unterdessen rief der Bürgermeister von Tijuana den humanitären Notstand aus. Am Sonntag gelangten rund 200 weitere Migranten nach Tijuana. Laut offiziellen Angaben der Stadtverwaltung befinden sich inzwischen mehr als 5.000 Migranten in der Stadt. Sie trafen überwiegend mit der ersten Karawane aus Honduras ein. Das Auffanglager "Benito Juarez" ist inzwischen überfüllt, weitere eintreffende Migranten sollen in zusätzliche Lager gebracht werden.

US-Heimatschutzministerin Kristjen Nielsen teilte bei einer Pressekonferenz direkt am Grenzzaun unlängst mit, Migranten aus der Karawane müssten sich bei den bereits wartenden Zuwanderern einreihen. Mexikos neue Regierung dementierte eine Einigung mit den USA über eine neue Regelung, nach der Migranten künftig in Mexiko bleiben sollen, bis ihr Verfahren bearbeitet werden kann. Mexikos künftige Innenministerin Olga Sanchez Cordero sagte, es gebe Gespräche mit der US-Regierung. Es könnten allerdings keine Vereinbarungen getroffen werden, solange die neue Regierung noch nicht im Amt sei. Der neue Präsident Andres Manuel Lopez Obrador nimmt am 1. Dezember seine Amtsgeschäfte auf.


Quelle:
KNA