Human Rights Watch kritisiert Haltung der EU gegenüber Polen

Migrationskrise "zynisch instrumentalisiert"

Human Rights Watch wirft der EU eine zu nachsichtige Haltung gegenüber Polens Umgang mit Migranten an der belarussischen Grenze vor. Dass die Krise von Belarus orchestriert sei, entbinde Polen und die EU nicht von ihren menschrechtlichen Pflichten.

Migranten in Belarus / © Henadz Zhinkov (dpa)
Migranten in Belarus / © Henadz Zhinkov ( dpa )

Die Menschenrechtsorganisation erklärte, Brüssel müsse Warschau dazu drängen, den Schutz von Menschenleben in den Mittelpunkt zu stellen.

Gleichzeitig schlug Human Rights Watch einen vorübergehenden Verteilmechanismus vor. Die Asylansprüche der in Polenankommenden Migranten sollten in anderen EU-Mitgliedsstaaten fair geprüft werden. Die Organisation veröffentlichte am Mittwoch einen Bericht, der anhand von Interviews mit 19 Migranten Rechtsverstöße von polnischer wie von belarussischer Seite dokumentiert.

"Gebrauch regierungsnaher Medien grenzt an Propaganda"

Nicht nur Belarus, sondern auch Polen habe die Migrationskrise seit August "zynisch instrumentalisiert", so Human Rights Watch. Minsk wie Warschau nutzten digitale Medien wie Twitter, um Bilder angeblicher Übergriffe gegen Migranten durch die jeweilige Gegenseite zu verbreiten. Den politischen Führungen beider Staaten warf die Organisation einen an Propaganda grenzenden Gebrauch regierungsnaher Medien vor.

Die EU-Kommission habe sich bislang weder öffentlich zu Polens Verantwortung für Übergriffe an der Grenze geäußert noch ein Ende des polnischen Zugangsverbots für Medien und humanitäre Organisationen gefordert, kritisierte Human Rights Watch. Das Zurückdrängen von Migranten durch den polnischen Grenzschutz verletze den Anspruch auf Asyl nach EU-Recht und setze die betreffenden Personen entgegen polnischem und europäischem Recht unmenschlichen und herabwürdigenden Bedingungen aus.

"Missbrauch von Migranten beenden"

Die belarussischen Behörden rief die Menschenrechtsorganisation auf, "unverzüglich jeden Missbrauch von Migranten zu beenden", einschließlich der Transfers an die Grenze. Der Zugang humanitärer Helfer und die Versorgung der Bedürftigen sei sicherzustellen; wer die Grenzregion verlassen und über Minsk in seine Heimat zurückkehren wolle, müsse die Möglichkeit dazu erhalten. Übergriffe von Sicherheitskräften müssten verfolgt werden.

Von Polen verlangte Human Rights Watch, Sammelrückführungen und Abschiebungen einzustellen. Auch hier sollten Hilfsorganisationen sofortigen Zugang zu der als Notstandsgebiet ausgewiesenen Sperrzone erhalten; das Gleiche gelte für Medienvertreter und Beobachter.


Quelle:
KNA