domradio.de: Wie hat sich das alles ereignet?
Militärdekan Jochen Folz: Zunächst war es tatsächlich so, dass wir Vivian und viele andere Flüchtlinge aus Nigeria hier an Bord aufgenommen haben, nachdem sie in Seenot geraten sind. Es zeigte sich sehr schnell, weil sie hochschwanger war, dass sie auf unserem Transit nach Italien ein Kind zur Welt bringt. Ich war auch im Kontakt mit den Sanitätern. Als es soweit war, hat eine Ärztin festgestellt, dass die junge Mutter gebetet hat. Ich bin hier der Militärgeistliche an Bord und bin eigentlich für die Betreuung der Besatzung hauptsächlich da, aber in dem Fall auch für die Flüchtlinge. Im Gespräch hat sich ganz schnell herausgestellt, dass Vivian katholisch ist und sich für ihr neugeborenes Kind die Taufe wünscht. Was tatsächlich etwas eher Ungewöhnliches ist, an Bord eines Kriegsschiffes die Taufe zu spenden.
domradio.de: Das hat ja schon symbolischen Charakter, wenn man neues Leben tauft auf einem Kriegsschiff. Für Sie ist das vermutlich auch nicht etwas, was Sie jeden Tag in ihrer Aufgabe als Militärdekan machen?
Folz: Ganz genau. die Taufe musste dann auch sehr improvisiert werden, was die Gerätschaften anbelangt. Ich hatte das schon in Afghanistan einmal so gemacht, dass man in der Küche nachgefragt hat, was gibt es eventuell für Dinge, die man für die Taufe verwenden könnte. Wir haben uns alle gut zu helfen gewusst und die Texte waren auch in Englisch parat über den Funkraum. So dass wir dann ganz locker dieses Kind haben taufen können.
domradio.de: Sie haben also kommuniziert und den Ritus auf Englisch vollzogen, damit die Mutter das auch versteht. Was nimmt man denn da als Taufkleid?
Folz: Ein Taufkleid hatten wir in der Kürze der Zeit nicht auftreiben können. Ich hatte im entsprechenden Moment die weiße Stola über das Kind gelegt. Die Bordküche hat eine Sauciere bereitgestellt mit einer passenden Schale dazu, die das Taufbecken symbolisierte. Wir hatten aus der Offiziermesse noch eine Kerze organisiert, die als Taufkerze herhalten konnte. So dass wir eigentlich rundum gut ausgestattet waren.
domradio.de: Das Ganze ist ca. drei Wochen her. Wissen Sie, wie es mit Mutter und Kind weitergegangen ist?
Folz: Wir sind mit all den Gästen an Bord nach Trapani gefahren, das ist ein Hafen auf Sizilien. Dort hat die italienische Migrationsbehörde die Flüchtlinge in Empfang genommen. Ich hatte, wie es sich auch gehört, eine ordentliche Taufurkunde ausgestellt. Mir wurde gesagt, dass Mutter und Kind wohlauf sind und sich momentan zu einem weiteren Gesundheitscheck in einem Krankenhaus der Umgebung befinden.
Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.