Militäroffensive der Türkei in Nordsyrien - Versorgung von Zivilisten immer schwieriger

 (DR)

Die Türkei hatte am 9. Oktober 2019 einen Militäreinsatz gegen die kurdische YPG-Miliz in Nordsyrien begonnen. Die Türkei betrachtet die YPG, die an der Grenze zur Türkei ein großes Gebiet kontrolliert, als Terrororganisation. Für die USA waren die Kurdenkämpfer dagegen lange Verbündete im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Der türkische Einsatz war international auf scharfe Kritik gestoßen, teilweise aber erst durch einen US-Truppenabzug aus dem Grenzgebiet ermöglicht worden.

Am 17. Oktober 2019 haben die Türkei und die USA sich auf eine Waffenruhe geeinigt, damit die Kurdenmilizen abziehen können. Nach dem vollständigen Abzug der Kurdenmilizen solle die Offensive ganz beendet werden. Die Kurdenmilizen stimmten der Einigung zunächst zu.

Die Hilfsorganisation Save the Children beklagte die Lage vieler Flüchtlinge. Mehr als 13.000 Menschen, darunter etwa 5.200 Kinder, suchen demzufolge im Nordosten Syriens unter schlimmsten Hygienebedingungen in Schulen, unfertigen Gebäuden ohne Strom oder unter freiem Himmel Schutz. Viele von ihnen mussten nicht zum ersten Mal vor Gewalt fliehen. "Sie mussten ihr Hab und Gut zurücklassen und leben nun unter unhygienischen Bedingungen. Es fehlt ihnen am Nötigsten", sagte die Länderdirektorin für Syrien, Sonia Khush, und forderte für die Hilfsorganisationen ungehinderten Zugang zu Notleidenden.

Ärzte ohne Grenzen richtete indes den Blick auf das Nachbarland Irak: Mehr als 500 Menschen flüchten derzeit täglich aus Syrien dorthin. Die Helfer haben demnach in der irakischen Grenzregion mit medizinischer Grundversorgung und psychologischer Erste Hilfe begonnen. Auch wenn die Schutzsuchenden relativ geringfügige gesundheitliche Probleme hätten, zeigten die meisten Anzeichen von Depressionen und Angstzuständen.

Hilfswerke: Lage in Nordsyrien wird immer schwieriger

Die Versorgung von Zivilisten im Norden Syriens wird nach Angaben von Hilfswerken immer schwieriger. Die Helfer in den Kampfgebieten setzten sich einem hohen Risiko aus und seien stark überlastet, heißt es in einer am Dienstag veröffentlichten Mitteilung des Bündnisses Entwicklung hilft. Nach dem türkischen Einmarsch hätten vergangene Woche Hilfsorganisationen die Region verlassen müssen. "Die Krankenhäuser sind überfüllt und es mangelt an Medikamenten", heißt es weiter.

Das Bündnis forderte die Bundesregierung auf, sich für eine Garantie humanitärer Hilfe in der Region und ein Ende der Gewalt einzusetzen. "Die Menschen, die unter der Bedrohung der Angriffe und der schlechten Versorgungslage leiden, brauchen dringend Hilfe", betonte Geschäftsführer Peter Mucke.

Die erneute Eskalation im Syrien-Krieg sei keine Überraschung, erklärte Bernd Eichner von medico international. Er rief die Bundesregierung und die EU auf, "endlich eine verantwortungsbewusste, menschenwürdige Politik umzusetzen".

Zu dem Bündnis gehören die Hilfswerke Brot für die Welt, Christoffel-Blindenmission, Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe, Kindernothilfe, medico international, Misereor, terre des hommes und die Welthungerhilfe.

(Quelle: dpa 17.10.2019 / kna 21./22.10.2019)