Ministerin Özkan gründet "Runden Tisch Integration"

Dialog statt Mediencharta

Rund drei Jahre lang ist die Veranstaltung vorbereitet worden, nun wurde sie nun umgesetzt: In Hannover fand der erste "Runde Tisch Integration" in Niedersachsen statt. Doch nicht, wie bei der Ausgangsidee angedacht.

Autor/in:
Sabine Kleyboldt
 (DR)

Unter der Federführung des damaligen Integrationsministers Uwe Schünemann (CDU) entstand die Idee. Vielmehr lud Sozialministerin Aygül Özkan (CDU) am Montag zu dem Forum ein. Bei Berufung der türkischstämmigen Juristin im Frühjahr wurde ihrem Ressort auch das Thema Integration zugeschlagen.

Und so fiel es der aus Hamburg stammenden Politikerin zu, einen "Runden Tisch Integration" als feste Einrichtung in Niedersachsen ins Leben zu rufen. Hier sollten gemeinsam mit gesellschaftlichen Akteuren Lösungsansätze zur Eingliederung der Menschen mit Migrationshintergrund entwickelt werden, sagte Özkan. Dazu hatten am Montagvormittag (16.08.2010) rund 60 Vertreter öffentlich-rechtlicher und privater Medien, von Migrantenorganisationen sowie aus Politik, Wirtschaft, Vereinen und Verbänden erstmals getagt.

Mehr Migranten in Medienberufe
Ziel sei es, dass sich Menschen mit ausländischen Wurzeln stärker durch deutsche Zeitungen, Hörfunk- und Fernsehsender informieren, mehr junge Menschen mit Migrationshintergrund journalistische Berufe ergreifen und Integrationsthemen in den Medien eine größere Rolle spielen, so die Politikerin.

Da gerade in den Medien die Sprache eine hervorgehobene Rolle spiele, würden junge Migranten auf diese Weise motiviert. "Sie haben es selbst in der Hand, in den Medien Anteil zu haben, indem sie die Sprache noch besser lernen und praktizieren", sagte Özkan. Umgekehrt erkennen nach Einschätzung der Ministerin immer mehr deutsche Medien, dass sich viele Migranten von den klassischen Formaten kaum angesprochen fühlten, sondern lieber im Internet surften. Daher stellten sich immer mehr Verlage und Sender die Frage, mit welchem Personal die Zielgruppe zu erreichen sei.

"Wir bieten als Mittler eine Plattform, auf der die angestoßenen Themen weiter verfolgt werden können", unterstrich Özkan. Auch diene der Runde Tisch dazu, Kontakte zwischen Journalisten und Vertretern von Migrantenverbänden zu vermitteln. Das Integrationsministerium sehe sich hier nur als Mittler und Plattform, nicht jedoch als Korrektiv. "Wir setzen keine Migrantenquote, keine Bedingungen oder Regeln, sondern das müssen die Sender selbst entscheiden", betonte die Politikerin.

Keine Mediencharta
Ursprünglich hatten alle Teilnehmer des ersten Runden-Tisch-Gesprächs Integration eine Mediencharta unterzeichnen sollen. Nach heftigen Protesten im Vorfeld hatte das Ministerium diese Idee jedoch zurückgezogen. Özkan zeigte sich nach der Veranstaltung sehr zufrieden mit dem Ergebnis. "Versprochen habe ich mir den Dialog, ein Gespräch auf Augenhöhe. Das haben wir nun angestoßen, und das ist entscheidend", sagte Aygül Özkan.

Aus den Interessenverbänden selbst sei der Wunsch laut geworden, dass in den Medien noch differenzierter und sensibler über Migranten berichtet werden solle. So werde gerade bei Kriminalthemen noch immer ein gewisser Hang zur Verallgemeinerung deutlich, beklagte ein Vertreter einer türkischen Organisation. Wenn etwa ein deutscher Ehemann seine Frau umbringe, sei in den Medien von einem "Familiendrama" die Rede. Begehe ein türkischer Ehemann eine ähnliche Bluttat, werde das in der Zeitung rasch als "Ehrenmord" deklariert.

Als interessanten medialen Ansatz zum Umgang mit "fremden" Kulturen bezeichnete die Ministerin hingegen den aktuellen Service des Senders RTL 2. Zum muslimischen Fastenmonat Ramadan wird derzeit im Programm auf den Sonnenuntergang, die Zeit des Fastenbrechens, hingewiesen. "Damit wird Interesse gezeigt für bestimmte kulturelle Gegebenheiten", sagte die Muslimin Özkan. "Das schafft Vertrauen, und das ist die Basis, damit sich Menschen begegnen."