Ministerpräsident Müller zur Rolle der Kirchen

Politisch ja, aber Mindestlohn?

Der saarländische Ministerpräsident Peter Müller hat die Kirchen ermutigt, sich weiter für soziale Gerechtigkeit stark zu machen. Sie müssten politisch sein und in gesellschaftlichen Auseinandersetzungen Partei ergreifen. Ob es auch ihre Aufgabe sei, einen Mindestlohn zu fordern, stellte er allerdings in Frage.

 (DR)

Am Dienstagabend in Saarbrücken sagte Müller, die Kirche habe das Recht, "den Finger auf die Wunden zu legen". Dazu gehöre, auf die Schere zwischen Arm und Reich in der Gesellschaft aufmerksam zu machen.

Ob es auch Aufgabe der Kirche sei, einen Mindestlohn zu fordern, stellte Müller auf einem Politikeremfang der rheinischen und der pfälzischen evangelischen Kirche jedoch in Frage.

"Wir sind nicht die Besserwisser der Nation"
Auch der pfälzische Kirchenpräsident Eberhard Cherdron sieht die Aufgabe der Kirchen nicht darin, Positionen zu formulieren. "Wir sind nicht die Besserwisser der Nation", sagte er. Daher habe sich die Kirche nicht auf die Einführung von Mindestlöhnen festgelegt.

Die freie Marktwirtschaft müsse jedoch sozial gezügelt werden, betonte Cherdron. In einer globalisierten Welt müsse sich die Kirche deshalb für eine soziale Marktwirtschaft einsetzen. Ihre Aufgabe sei auch, Freiräume zu schaffen, "damit Menschen ihre Not artikulieren können".

Schneider: Auf Herausforderungen der Zeit reagieren
Nach Ansicht des rheinischen Präses Nikolaus Schneider muss die Kirche auf die Herausforderungen ihrer Zeit reagieren und dabei auch das staatliche Handeln kritisch betrachten. Gerade die protestantische Kirche habe lange gebraucht, sich aus ihrer Staatsorientierung zu lösen, sagte Schneider in einer Ansprache über den Sozialpionier Johann Hinrich Wichern, der am 21. April vor 200 Jahren geboren wurde. (domradio berichtete)

Die Frage Wicherns, wie christliche Liebe zu organisieren sei, habe zur Gründung des Sozialstaates geführt, erläuterte der Theologe und Sozialethiker Schneider. Im Sozialstaat müssten die Menschen nicht nur auf Mildtätigkeit hoffen, sondern sie hätten ein Recht auf Leistungen.