Misereor begrüßt Konzepte für feministische Politik

"Frauen sind oft unsichtbar"

"Frau. Macht. Veränderung" lautet das Motto der diesjährigen Misereor-Fastenaktion. Passend dazu will die Bundesregierung ihre Außen- und Entwicklungspolitik feministisch ausrichten. Misereor begrüßt die Pläne.

Annalena Baerbock / © Annette Riedl (dpa)
Annalena Baerbock / © Annette Riedl ( dpa )

DOMRADIO.DE: Was versteht man denn genau unter feministischer Außenpolitik? 

Bárbara Schirmel (Projektreferentin bei Misereor): Wir müssen vielleicht kurz unterscheiden. Es waren ja zwei Ministerinnen, die ihre jeweiligen Programme vorgestellt haben. Das eine ist das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit unter Ministerin Svenja Schulze. Das hat eine Strategie zur feministischen Entwicklungszusammenarbeit erarbeitet. Und das Auswärtige Amt mit Annalena Baerbock hat Leitlinien für ihre Arbeit erarbeitet.

Die beiden ergänzen sich sehr gut, sind aber etwas unterschiedlich. Für uns als Misereor ist natürlich besonders die feministische Entwicklungszusammenarbeit wichtig. 

Außenministerin Annalena Baerbock und Entwicklungsministerin Svenja Schulze stellen Konzepte für feministische Politik vor. / © Bernd von Jutrczenka (dpa)
Außenministerin Annalena Baerbock und Entwicklungsministerin Svenja Schulze stellen Konzepte für feministische Politik vor. / © Bernd von Jutrczenka ( dpa )

DOMRADIO.DE: Was würde denn darunter zu verstehen sein? 

Schirmel: Wie Frau Schulze selber gesagt hat, ist die Hälfte der Weltbevölkerung weiblich, hat sehr viel Potenzial, kann sehr viel dazu beitragen, die Krisen, die wir ja aktuell überall sehen und spüren, auch zu bewältigen.

Gleichzeitig sind Frauen aber unterrepräsentiert. Sie sind benachteiligt, in vielen Ländern auch unterdrückt - kulturell, religiös, auch von staatlicher Seite. Da ist natürlich eine Politik, die genau diese Frauen in den Blickpunkt nimmt, besonders wichtig.

Die kann dann sehr gut das ergänzen, was wir mit der Zivilgesellschaft in Projekten bearbeiten und umsetzen. 

DOMRADIO.DE: Warum braucht es denn eine feministische Entwicklungspolitik oder eine feministischere als bisher? 

Schirmel: Dieses Wort "feministisch" ist gerne auch sehr umstritten. Wir finden das aber sehr wichtig, weil Frauen oft unsichtbar sind. Das, was Frauen tun und machen, wird nicht gesehen, und sie werden auch nicht gefördert oder gleich an Regierungen und an Entscheidungen beteiligt. Sie haben auch deutlich weniger Zugang zu Ressourcen wie Land, Wasser, Bildung, Gesundheit als Männer.

Von daher ist es wichtig, genau das in den Mittelpunkt zu rücken und das auch besonders zu fördern. 

DOMRADIO.DE: Wenn sich tatsächlich etwas verändern würde in Ländern, wo Gleichberechtigung ein Fremdwort ist, was würde das für diese Länder, aber auch für Projekte von Misereor bedeuten? 

Schirmel: Ich kann vielleicht mal ein bekanntes Beispiel nehmen. Annalena Baerbock hat ganz klar gesagt, dass Deutschland nur Hilfe an Afghanistan geben wird, wenn Frauen ihre Arbeitsplätze behalten dürfen und Frauen auch weiterhin Bildung bekommen.

Das ist ein sehr gutes Beispiel, weil wir als Misereor zum Beispiel in Afghanistan auch Projekte für Mädchenbildung fördern, wenn auch nicht in Kabul, aber in anderen Regionen. Das ist ein sehr praktisches Beispiel, wie sich eine feministische Außenpolitik und unsere Arbeit ergänzen. 

Bárbara Schirmel, Projektleiterin bei Misereor

"Ich glaube, das Traurigste wäre, wenn wir Afghanistan abschreiben würden, nach dem Motto: Solange die Taliban da sind, können wir gar nichts machen."

DOMRADIO.DE: Haben Sie irgendeine Hoffnung, Afghanistan betreffend, dass sich da was tut, solange die Taliban an der Macht sind? 

Schirmel: Wenig Hoffnung. Aber wir tun trotzdem das, was möglich ist, um die Situation zumindest ein wenig zu verbessern und diejenigen zu unterstützen, die dort weiter für das Recht von Mädchen und Frauen kämpfen. Das ist wichtig.

Ich glaube, das Traurigste wäre, wenn wir Afghanistan abschreiben würden, nach dem Motto: Solange die Taliban da sind, können wir gar nichts machen. Es ist ganz wichtig, diese Solidarität mit den Frauen und Mädchen in Afghanistan auch zu zeigen, da wo es möglich ist. 

Das Interview führte Martin Mölder.

Baerbock und Schulze wollen gemeinsam Rechte von Frauen stärken

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) wollen beim politischen Engagements Deutschlands im Ausland die Rechte von Frauen konsequent stärken. "Wir wollen Gesellschaften gerechter machen. Und da kann man nicht auf die Hälfte des Potenzials, nämlich auf die Frauen, verzichten, sondern sie müssen mitgedacht werden", sagte Schulze am Mittwoch in Berlin bei einer gemeinsamen Vorstellung von Konzepten für eine feministische Außen- und Entwicklungspolitik.

Frauen in Madagaskar bei der Ylang-Ylang Ernte  / © Pierre-Yves Babelon (shutterstock)
Frauen in Madagaskar bei der Ylang-Ylang Ernte / © Pierre-Yves Babelon ( shutterstock )
Quelle:
DR