Das katholische Hilfswerk Misereor blickt mit großer Sorge auf Folgen der Covid-19-Pandemie in den ärmeren Ländern der Welt. Die Zahl der Hungernden drohe weiter anzusteigen, die Zahl der Geflüchteten habe mit fast 80 Millionen Menschen einen Höchststand erreicht, sagte Hauptgeschäftsführer Pirmin Spiegel am Donnerstag auf der Jahrespressekonferenz in Berlin. Er forderte daher eine umfassende Solidarität Deutschlands und Europas mit den fragilen Staaten. Die Krise böte die große Chance, umzusteuern und mehr Gerechtigkeit zu erreichen.
Nach Einschätzung des Hilfswerks treten bestehende Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten durch die Corona-Krise noch deutlicher zu Tage. Zugleich werde die Pandemie zur Beschränkung zivilgesellschaftlichen Engagements missbraucht. "Besonders besorgt uns die Situation indigener Gemeinschaften, von denen einigen ein Genozid und ein Auslöschen drohen", sagte Spiegel mit Blick auf Lateinamerika. Auch in Afrika habe der Lockdown gravierende Folgen, und in Asien, etwa in Indien, drohten mehr Hungertote.
Der Vorsitzende der Katholischen Zentralstelle für Entwicklungshilfe, Prälat Karl Jüsten, äußerte die Befürchtung, dass die von Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) geplante Reform der Entwicklungszusammenarbeit und Reduzierung der Partnerländer von 85 auf 60 vor allem für fragile Staaten von Nachteil sein könnte. "Es könnte dazu führen, dass in diesen Ländern die Zivilgesellschaft die Last der ausbleibenden Zusammenarbeit künftig schultern muss", sagte der Leiter des Katholischen Büros Berlin. Scharf kritisierte Jüsten jüngste Rüstungsexporte an autokratische Regime außerhalb der NATO, etwa Ägypten oder Saudi-Arabien.
Misereor hat für seine weltweite Arbeit im vergangenen Jahr 100.000 Euro mehr einsetzen können. Einschließlich der Mittel aus dem Entwicklungsministerium betrugen die Einnahmen 232,3 Millionen Euro. Die Spenden und Kollekten beliefen sich wie im Vorjahr auf 57 Millionen Euro.
(23.07.2020/kna)