Misereor-Experte über die Bonner Klimaverhandlungen

"Hausaufgaben machen"

Nach dem Beschluss ist vor der Umsetzung: Internationale Vertreter treffen sich derzeit in Bonn, um das Klimaabkommen von Paris in Handlungsaufträge zu gießen. Mit dabei ist Stefan Tuschen, Klima-Experte von Misereor. Er zieht eine Zwischenbilanz.

Es geht um die Zukunft der Erde / © Jan Woitas (dpa)
Es geht um die Zukunft der Erde / © Jan Woitas ( dpa )

KNA: Die zweiwöchigen Verhandlungen in Bonn enden an Fronleichnam. In Bonn sollte das Pariser Klimaschutzabkommen in ein Regelwerk gegossen werden - wie hat das geklappt?

Tuschen: In Bonn haben die Nebenorgane der Klimakonvention getagt. Das bedeutet im Gegensatz zu den großen Klimakonferenzen wie in Paris zunächst einmal sehr technische Diskussionen. Eines dieser Nebenorgane war die neue Arbeitsgruppe zum Abkommen von Paris. Die hatte in der ersten Woche etwas Anlaufschwierigkeiten und nimmt jetzt Hausaufgaben mit, die bis zur Klimakonferenz im November in Marrakesch gemacht werden müssen.

KNA: Was heißt das konkret, beziehungsweise wo muss aus Sicht von Misereor nachgebessert werden?

Tuschen: Misereor hat sich in Paris sehr dafür stark gemacht, dass bereits bestehende Menschenrechtsverpflichtungen auch bei Klimaschutzprojekten und Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel gelten. Die Präambel des Abkommens von Paris ist hier sehr deutlich.

Nun geht es darum, wie die Menschenrechtsfrage und andere Prinzipien, wie beispielsweise Klimagerechtigkeit, die in der Präambel genannt werden, angemessen in das neue Regelwerk integriert werden. Es gab erfreulicherweise einige Länder, die dazu explizit mehr "Anleitung" gefordert haben, etwa wie Fragen der Menschenrechte mit der Erreichung der nationalen Klimaschutzziele kombiniert werden können. Dieser Forderung sollte das Klimasekretariat nachkommen.

KNA: In den USA, einem der größten Klimasünder der vergangenen Jahre, wird demnächst ein neuer Präsident gewählt - was würde es für den Klimaschutz bedeuten, wenn sich der republikanische Kandidat Donald Trump durchsetzt?

Tuschen: Trump gehört offenbar zur Fraktion der Klimawandelleugner. Er hat unter anderem angedeutet, den Vertrag von Paris wieder aufzukündigen. Dazu müssten die USA allerdings erst einmal beitreten - noch ist der Vertrag nicht ratifiziert. Ich denke, die USA könnten sich nur schwer in so einer wichtigen Frage international isolieren. Hinzu kommt: Die Stimmung in der US-Bevölkerung scheint mehr und mehr pro Klimaschutz zu sein.

Das Interview führte Joachim Heinz.


Quelle:
KNA