Misereor weitet Unterstützung für Haiti nach Wirbelsturm aus

Hunger bekämpfen mit Saatgut und Werkzeug

Nach den Zerstörungen durch den Wirbelsturm "Matthew" herrscht auf Haiti Ausnahmezustand. Das Hilfswerk Misereor will seine Unterstützung ausweiten und mit weiteren 45.000 Euro die Beschaffung von Saatgut und Setzlingen mitfinanzieren.

Zerstörung in Haiti nach Hurrikan "Matthew" / © Orlando Barría (dpa)
Zerstörung in Haiti nach Hurrikan "Matthew" / © Orlando Barría ( dpa )

domradio.de: Warum ausgerechnet Saatgut und Setzlinge?

Barbara Küpper (Misereor-Länderreferentin): Das ist in engster Absprache mit unserer Partnerorganisation vereinbart worden. Die haben uns ihre Bilanzen geschildert, die jetzt noch nicht ganz vollständig sind. Die größte Sorge, die die Partner vor Ort haben, ist, das keine Nahrungsmittel vorhanden sind. Die Ernten sind jetzt zerstört worden und man muss jetzt an die Zukunft denken. Wir hoffen mit kurzfristigen, schnellwachsenden Kulturen, wie Mais, Bananen und Gemüse der Bevölkerung möglichst bald wieder die Möglichkeit zu geben, sich selbst vor Ort zu versorgen, um nicht von externen Importen oder zugekauften Waren abhängig zu sein.

domradio.de: Es sind auch noch weitere Hilfsmaßnahmen geplant. Welche sind das?

Küpper: Der zweite große Wunsch von unseren Partnern war, eine Unterstützung beim Wiederaufbau der Häuser zu bekommen. In den betroffenen Regionen wurden rund 90 Prozent der Häuser stark beschädigt, überwiegend die Dächer. Sehr viele Häuser wurden komplett zerstört und der Bedarf, einfach wieder ein Dach über dem Kopf zu haben, ist vorrangig für die Bevölkerung. Deswegen werden wir mit Zinkplatten, Nägeln und Werkzeugen unsere Partner in der Soforthilfe unterstützen, damit möglichst schnell wieder eine halbwegs angemessene Wohnsituation geschaffen werden kann.

domradio.de: Immer wieder hört man dramatische Berichte, dass zum Beispiel die Zahl der Cholerafälle ansteigt. Warum ist die Situation ausgerechnet auf Haiti so dramatisch?

Küpper: Ein typisches haitianisches Problem sehe ich nicht. Ich glaube aber, dass das politische Vakuum, was hier seit vielen Jahren herrscht, maßgeblich dafür verantwortlich ist, dass eine extrem schlechte Infrastruktur im Land vorhanden ist, die viele Dinge des Alltags erschwert. Darin sehe ich auch eine Problematik. Wenn solche Katstrophen irgendwo in anderen Ländern auftreten, kann ganz anders reagiert werden. Dann stehen andere staatliche Mittel zur Verfügung, da gibt es ganz andere Strukturen. Das ist hier, glaube ich, das Hauptproblem.

domradio.de: Das ist sicher nicht der letzte Sturm, der über Haiti hinwegrast. Gibt es denn Hoffnung, dass Ihre Arbeit neben der direkten Hilfe in der Katastrophe Früchte trägt?

Küpper: Ja, wir haben darüber gesprochen, dass die Tiere in Ställen gehalten werden müssen und nicht mehr frei herumlaufen. Das hat jetzt zum Beispiel dazu geführt, dass die Familien, die sich danach gerichtet haben, weitaus weniger Verluste bei ihren Tieren nach dem Wirbelsturm feststellen mussten. Zudem halten nach agrar-ökologischen Prinzipien angebaute Gärten besser solchen Wirbelstürmen stand, weil die Böden nicht so schnell abspülen, da sie durch bestimmte Bodenschutzmaßnahmen gestärkt sind. Die Leute merken, dass sich viele Bemühungen in der Vergangenheit gelohnt haben.

Das Interview führte Babette Braun.

 

Quelle:
DR