Missbrauchs-Verfahren in Siegen steht wohl vor Einstellung

Nach Kurschus-Rücktritt

Der Verdacht sexuell übergriffigen Verhaltens eines Kirchenmitarbeiters aus Siegen hat die ehemalige EKD-Ratsvorsitzende Annette Kurschus im November zum Rückzug bewegt. Nun steht das Verfahren vermutlich kurz vor der Einstellung.

Akten in einem Archiv / © Julia Steinbrecht (KNA)
Akten in einem Archiv / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Nach Abschluss aller Zeugenvernehmungen und einer vorläufigen Bewertung sei dem damaligen Kirchenmitarbeiter in den geprüften Verdachtsfällen kein strafrechtlich relevantes Verhalten vorzuwerfen, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft am Dienstag. 

Annette Kurschus / © Christoph Reichwein (dpa)
Annette Kurschus / © Christoph Reichwein ( dpa )

Die involvierten Anwälte hätten noch Zeit, Stellung zu nehmen. Kommen keine neuen Verdachtsmomente hinzu, sei daher in einigen Wochen mit einer Einstellung des Verfahrens zu rechnen, so Oberstaatsanwalt Patrick Baron von Grotthuss weiter.

Verjährung und die Frage nach strafrechtlicher Relevanz

Die umfangreichen Vernehmungen seit Aufnahme der Ermittlungen hätten gezeigt, dass die Betroffenen entweder bereits volljährig gewesen seien oder die Vorkommnisse nicht mehr genau datieren konnten, führte der Ermittler aus. Außerdem spiele Verjährung eine Rolle. Im Fall eines betroffenen Minderjährigen seien die geschilderten Verhaltensweisen nach vorläufiger Einschätzung strafrechtlich nicht relevant, so von Grotthuss weiter. 

Die Vorwürfe gegen den Mitarbeiter des Siegener Kirchenkreises, dem in den 1990er-Jahren auch Annette Kurschus angehörte und mit dem sie befreundet war, waren im November 2023 über einen Bericht der "Siegener Zeitung" bekannt geworden. Darin erhoben mehrere Männer zusätzlich den Vorwurf, die spätere oberste Bischöfin der evangelischen Kirche in Deutschland sei damals über die Missbrauchsvorwürfe informiert gewesen. Vertuschungsvorwürfe wies Kurschus zurück, trat aber schließlich von all ihren kirchlichen Leitungsämtern zurück.

Staatsanwaltschaft zurückhaltend

Die Staatsanwaltschaft hatte zwischenzeitlich Ermittlungen gegen den Kirchenmitarbeiter aufgenommen, war in ihrer Bewertung, ob es sich um sexuellen Missbrauch Schutzbefohlener handeln könne, aber stets sehr zurückhaltend gewesen.

Die Rücktrittserklärung von Annette Kurschus im Wortlaut

Annette Kurschus ist nicht mehr Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen. Mit sofortiger Wirkung trat die 60-jährige Theologin am 20. November 2023 von beiden Ämtern zurück. Der Evangelische Pressedienst (epd) dokumentiert nachfolgend den Wortlaut ihrer knapp achtminütigen Erklärung, die sie im Landeskirchenamt in Bielefeld abgab:

Annette Kurschus / © Harald Oppitz (KNA)
Annette Kurschus / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
dpa