KNA: Herr Hill, warum sind Ihnen die katholischen Schulen in Hamburg so wichtig?
Nikolas Hill (Unternehmensberater und ehemaliger Staatsrat): Mit der Vermittlung grundlegender Werte bieten die katholischen Schulen den Kindern und Jugendlichen eine besondere Möglichkeit für die Entwicklung ihrer Persönlichkeit. Sie sind nicht nur für katholische Schüler da, sondern ganz bewusst auch für Angehörige anderer Konfessionen oder nicht religiös Gebundene. Sie zeichnen sich durch lebendige Integration aus, weil in der Schülerschaft 85 Nationen vertreten sind. Damit sind sie für mich ein wichtiger Beitrag zur Vielfalt des Bildungsangebots in Hamburg, der unbedingt, soweit es geht, erhalten werden muss.
KNA: Das Erzbistum hat angekündigt, bis zu 8 seiner 21 Schulen in Hamburg schließen zu wollen, weil sie nicht wirtschaftlich betrieben werden können. Warum soll das einer privaten Initiative nun gelingen?
Hill: Wir glauben, dass wir neue, zukunftsfähige Modelle der Trägerschaft entwickeln können. Wir setzen dabei auf die Unterstützung der Schulgemeinschaft und der Stadt Hamburg. Gemeinsam kann es gelingen, die katholischen Schulen so attraktiv zu gestalten, dass weitere Schüler gewonnen werden können und es damit beispielsweise zu einer besseren Auslastung einzelner Standorte kommt. So würde auch der Gesamtbetrieb der Schulen wirtschaftlicher werden.
KNA: Warum wählen Sie das Modell einer Genossenschaft?
Hill: Das Modell einer Genossenschaft ermöglicht eine andere Form der Führung für das Schulwesen. Neben Schulleitung, Träger und Elternschaft bekommen zum Beispiel auch die Schüler die Chance, die Zukunft ihrer Schule mitzugestalten, weil sie gleichberechtigte Mitglieder der Genossenschaft werden können.
KNA: Wo sehen Sie die Ursachen für die aktuell prekäre wirtschaftliche Lage der Schulen?
Hill: Das kann ich nicht genau sagen, weil uns das Bistum die Ergebnisse seiner Wirtschaftsprüfung durch die Beraterfirma Ernst & Young nicht vorlegt. Wir haben aber auf der Basis von Daten, die uns über andere Quellen zugänglich gemacht wurden, Kalkulationen erstellt und Modelle errechnet, nach denen es plausibel und möglich erscheint, den Betrieb der Schulen sinnvoll wirtschaftlich fortzuführen.
KNA: Wie sehen diese Modelle konkret aus?
Hill: Ein Faktor ist beispielsweise, zu einer besseren Auslastung der Schulen zu kommen.
KNA: Wie?
Hill: Wir glauben daran, dass wir in einer wachsenden Stadt mit einer wachsenden Zahl von jungen Menschen ein Angebot so gestalten können, dass sich mehr Eltern für eine Anmeldung ihrer Kinder entscheiden. Es gibt in unserer Gesellschaft ein großes Bedürfnis nach Orientierung und Wertegebundenheit. Das sind Potenziale, die in der Vergangenheit nicht vollständig ausgeschöpft wurden.
KNA: Selbst wenn die Schulen rentabel arbeiten sollten, bleibt immer noch ein Investitionsstau für Sanierungsmaßnahmen, den das Erzbistum momentan auf 79 Millionen Euro schätzt. Wie wollen Sie das nötige Geld aufbringen?
Hill: Die Zahlen des Erzbistums basieren auf Berechnungen von Ernst & Young, die meiner Kenntnis nach zustande gekommen sind, ohne dass sich die Prüfer mit den Immobilien selbst beschäftigt hätten. Sie basieren auf Schätzungen. Hinzu kommt, dass es sich um eine Summe handelt, die nicht gleich morgen, sondern über die nächsten Jahre und Jahrzehnte aufzubringen ist. Die Investitionen könnten also über einen professionellen Immobilienverwalter über Jahre abgezinst oder über Mietzahlungen, die vereinbart werden, abbezahlt werden.
KNA: Haben Sie sich Gebäude schon näher angeschaut?
Hill: Nein. Das steht erst an, wenn wir uns mit dem Erzbistum konkret verständigt haben, wie das neue Modell gemeinsamer Verantwortung aussieht. Wir haben aber beispielsweise das Angebot der Hamburger Sparkasse, ihren Immobiliensachverstand kostenlos zur Verfügung zu stellen, um die Sanierungs- und Investitionsbedarfe zu kalkulieren. Insofern mache ich mir keine Sorgen darüber, dass wir zu konkreteren und präziseren Zahlen kommen, als sie bisher existieren.
KNA: Und damit auch zu niedrigeren Zahlen?
Hill: Das wird sich zeigen. Das kann ich jetzt noch nicht beurteilen. Ich halte es aber für machbar und lösbar, zu einem sinnvollen Modell zu kommen, wie man mit den Summen umgeht und die erforderlichen Sanierungen durchführt. Bei städtischen Schulen gelingt das ja auch.
KNA: Hat die Stadt Hamburg konkrete finanzielle Mittel für die Unterstützung in Aussicht gestellt?
Hill: Es gibt erste positive Signale, dass uns die Stadt bei notwendigen Investitionen für Sanierungen unterstützen könnte. Konkrete Gespräche sind aber erst sinnvoll, wenn es eine Entscheidung gibt.
KNA: Ihre Genossenschaft will zwar die Trägerschaft der katholischen Schulen übernehmen, nicht aber die Verantwortung für die verbeamteten Lehrer und die Pensionslasten. Machen Sie sich es hier nicht ein bisschen zu einfach?
Hill: Die bisherigen Pensionsverpflichtungen sind in einem Zeitraum angefallen, für den das Erzbistum die Verantwortung getragen hat und trägt. Diese Lasten muss die Kirche so oder so schultern, unabhängig davon, ob sie Schulen weiter betreibt oder nicht. Das wird ihr niemand abnehmen. Allerdings bieten wir an, die Diözese von zukünftigen Verpflichtungen zu entlasten. Das trägt ebenfalls zur Verbesserung ihrer finanziellen Zukunft bei.
KNA: Zum Kreis Ihrer Genossenschaft zählen auch Menschen, die früher beim Erzbistum Hamburg angestellt waren oder mit ihm zusammengearbeitet haben, etwa eine frühere Finanzdirektorin. Hätten die Betreffenden nicht schon früher etwas dafür tun können, um die wirtschaftliche Schieflage zu verhindern?
Hill: Das kann ich nicht beurteilen. Am Ende ist immer der Bischof verantwortlich für das, was in seinem Bistum passiert. Die Entscheidungen, die damals getroffen worden sind, sind daher auch von dem damaligen Bischof zu verantworten.
KNA: Erste Gespräche Ihrer Initiative mit Erzbischof und Generalvikar haben stattgefunden. Wie haben Sie die Atmosphäre bei den Gesprächen erlebt?
Hill: (zögert) Meist konstruktiv und zielgerichtet.
KNA: Wie zuversichtlich sind Sie, dass eine Schließung der acht Schulen abgewendet werden kann?
Hill: Die Entscheidung liegt jetzt einzig und allein beim Erzbistum. Wir haben unsere Angebote formuliert und gemeinsam über drei mögliche Modelle diskutiert. Der Erzbischof hat angekündigt, bis zum 16. April eine Entscheidung zu treffen.
KNA: Wie könnte konkret ein Modell der Zusammenarbeit zwischen Erzbistum und Schulgenossenschaft aussehen?
Hill: Wir haben immer gesagt, dass wir bereit sind, gemeinsam mit dem Erzbistum Verantwortung für das gesamte bestehende katholische Schulwesen zu übernehmen. Dazu stehen wir nach wie vor. Wir sind aber genauso bereit, in ein Modell getrennter Verantwortung für unterschiedliche Bereiche der Schulen und des Schulwesens einzusteigen.
KNA: Wie wichtig ist Ihnen dabei die Frage der Trägerschaft?
Hill: Für mich ist entscheidend, dass es gelingt, das katholische Schulwesen in möglichst umfassender Form zu erhalten. Es muss wirtschaftlich und fachlich sinnvoll betrieben werden. Alles andere ist nachrangig.
Das Intrview führte Michael Althaus.