Suizidprävention der Caritas auf TikTok und Instagram

Mit kurzen Clips aus der Tabuzone geholt

Der Caritasverband versucht Jugendlichen Suizidprävention auf TikTok und Instagram näher zu bringen. Die Aufgabe ist nicht ganz einfach, denn die Plattformen zeichnen sich durch kurze und knappe Inhalte aus. Ist der Spagat gelungen?

Social-Media Plattform Instagram (shutterstock)

DOMRADIO.DE: Nur Bilder oder kurze Videos, um das schwierige Thema Suizid rüberzubringen. Wie machen Sie das? Wie gehen Sie vor?

Andrea Bartsch (Referatsleiterin der Online-Beratungsplattform des Deutschen Caritasverbandes): Bei der Aktion, die wir auf TikTok und Instagram zum Welttag der Suizidprävention am 10. September geschaltet haben, war die Idee, dass immer ein leerer Stuhl zu sehen ist, für einige Sekunden Musik hinterlegt ist und darüber Informationen zum Thema Suizidalität geblendet werden und was man dagegen machen kann.

Wir haben Influencer mit einer großen Reichweite gewinnen können, die auf das Thema aufmerksam gemacht haben. Unsere Idee war, möglichst viele junge Menschen zu erreichen. Deshalb haben wir uns auch auf diesen beiden Plattformen bewegt, weil wir wissen, dass die jungen Leute dort unterwegs sind. In der Kombination mit den Influencern, die viele Follower haben, hoffen wir möglichst viele Jugendliche erreichen zu können.

DOMRADIO.DE: Das war die Hoffnung - hat das funktioniert?

Bartsch: Es hat funktioniert. Wir haben bei den Video-Postings auf TikTok 8,7 Millionen Follower erreicht. Zudem haben wir 400.000 Impressionen bei Instagram gepostet und damit mehr als eine Million Follower erreicht. Ich würde sagen, wir haben viele Leute erreicht. Wir hatten aber ehrlich gesagt die Hoffnung, dass es noch mehr sein werden.

DOMRADIO.DE: Was meinen Sie, woran hat es gehakt, liegt das am Thema Suizid?

Bartsch: Suizidprävention oder Suizid an sich ist in der deutschen Gesellschaft ein sehr tabuisiertes Thema. Es ploppt immer mal wieder auf, wenn sich Menschen, die in der Öffentlichkeit stehen, das Leben nehmen. Aber ansonsten ist es im Alltag eigentlich bei uns in der Gesellschaft kein Thema, über das man spricht. Von daher finde ich eigentlich, dass es toll ist, dass wir da schon so viele Leute erreicht haben.

In den Kommentaren, die es unter den Postings gab, haben wir auch ganz, ganz viel positive Resonanz gekriegt. Diese Art von Rückmeldungen haben wir auch nicht nur da und nicht nur von den Jugendlichen, sondern im Nachhinein auch von Schulen, Ärzten und anderen Institutionen erhalten, die dann beispielsweise bei uns nach Infomaterialien gefragt haben.

DOMRADIO.DE: Sie haben es gesagt, dass Suizid ein großes Tabuthema ist. Was sind bei Jugendlichen die Gründe für Suizid und Suizidgedanken?

Bartsch: Die hauptsächlichen Gründe sind Mobbing oder das Gefühl nicht wichtig zu sein, nicht gesehen zu werden, links liegengelassen zu werden, keine Beachtung zu kriegen. Es darum so bedeutsam, allen Menschen mitzugeben: Du bist mir wichtig oder du bist jemandem wichtig. Daher gab es auch die Idee jemanden anzusprechen, wenn man das Gefühl hat, da könnte etwas sein. Das passiert auch in den Beratungen von Menschen unter 25 Jahren. Sie werden direkt konfrontiert, indem man sie fragt, ob sie schon einmal die Idee hatten sich umzubringen. 

DOMRADIO.DE: Die Aktion der Caritas heißt #Dubistmirwichtig. Wird sowas nochmal wiederholt in dieser Form?

Bartsch: Von uns gibt es immer eine Aktion zum Weltsuizidpräventionstag, immer am 10. September. Aber es gibt das ganze Jahr über immer wieder Aktionen. Und #Dubistmirwichtig ist ein Hashtag, der auch davor schon bespielt wurde.

Das Interview führte Carsten Döpp.


Quelle:
DR