DOMRADIO.DE: Ist in unseren Smartphones tatsächlich Gold drin?
Jörg Nowak (Pressesprecher des Hilfswerks missio): Ja, das ist so. Deswegen nennen wir das auch die Woche der Goldhandys. Die Menge an Gold ist natürlich relativ gering. Aber, wenn man ganz viele Handys sammelt und die dann recycelt, bekommt man viel zusammen. Wir machen die Spendenaktion von ausgemusterten Handys schon einige Zeit. Bislang haben wir 167.000 Handys gespendet bekommen. Insgesamt befinden sich darin 3,7 Kilogramm Gold und das ist eine Menge. Mit diesem Erlös tun wir etwas für den guten Zweck.
DOMRADIO.DE: Wir müssen mal kurz ausholen. An den Smartphones klebe Blut, heißt es. Warum ist das so?
Nowak: Ja, diese wertvollen Mineralien und Erze, die für die Produktion von Smartphones benötigt werden, kommen unter anderem aus der Demokratischen Republik Kongo. Dort wütet seit Jahren ein blutiger Krieg. Eine der Ursachen des Krieges sind diese wertvollen Mineralien.
Wir setzen uns seit vielen Jahren für Frieden und Versöhnung im Kongo ein und wir nehmen dazu auch die Smartphone-Hersteller in die Pflicht. Wir appellieren an die Hersteller, dass sie keine direkten oder indirekten Geschäfte mit diesen Rebellen machen. Das ist sozusagen der Anfang der Lieferkette. In Deutschland haben wir über 200 Millionen ausgemusterte Handys herumliegen und die bezeichnen wir als Goldhandys, weil die ganz wertvoll sind.
DOMRADIO.DE: Durch die Spendenaktion versuchen Sie den Menschen, die in den Ländern leben, wo die Rohstoffe unter oft schwierigen Bedingungen abgebaut werden, etwas zurückzugeben?
Nowak: Genau. Wir versuchen sozusagen den Kreislauf menschlicher und fairer zu gestalten. Wir wollen faire Bedingungen für die Herstellung und die Beschaffung der Erze. Wenn wir so viele Rohstoffe in den ausgemusterten Smartphones haben, sollten wir diese Rohstoffe zudem recyceln, damit nicht so viele neue Rohstoffe benötigt werden. Wir können mit dem Erlös Projekte im Kongo unterstützen, die der notleidenden Bevölkerung zugutekommt.
DOMRADIO.DE: Wie genau profitieren die Menschen im Kongo von der Goldhandy-Aktion?
Nowak: Es gibt absolut hilflose und schwer traumatisierte Menschen, die vor den Rebellen geflohen sind. Wir bei missio bauen dort Anlaufstellen und Traumazentren auf. Eine Frau beispielsweise wurde von den Rebellen entführt und vergewaltigt. Sie konnte schwanger aus dem Rebellenlager fliehen. Unsere Projektpartner kümmern sich daurm, dass solche Menschen dann ins Krankenhaus gebracht werden.
Neben der Heilung der körperlichen Wunden sind die seelischen Wunden natürlich genauso wichtig. Das heißt, seelsorgerisch-therapeutische Hilfe zu leisten, um zum Beispiel gegen Albträume anzukämpfen. Es ist sehr beeindruckend zu sehen, welcher Wandel möglich ist. Das dauert zwar meistens ein, zwei Jahre. Aber, dass diese Menschen wieder Hoffnung schöpfen, dass sie wieder einen Zukunftsglauben haben und weitestgehend wieder zur Normalität zurückkehren können, das kann mit diesen Handyspenden ermöglicht werden. Ein Beitrag für die Fahrt zum Krankenhaus zum Beispiel. Das ist der gute Zweck, für den Handys gespendet werden können.
DOMRADIO.DE: Sie rufen deshalb wieder zum Handyspenden auf. Wie kann man spenden?
Nowak: Es gibt zwei Möglichkeiten. Die erste ist auf unserer Webseite, missio-hilft.de. Dort gibt es eine Deutschlandkarte mit über 500 Sammelstellen, bei denen Handys abgegeben werden können. In Zeiten von Corona wollen vielleicht einige lieber nicht so viel raus.
Dann gibt es die Möglichkeit, auf unserer Webseite ein Adress-Etikett auszudrucken und die Smartphones in einen Umschlag zu stecken und an missio zu schicken. Unter den Teilnehmern verlosen wir zudem ein faires Smartphone. Die genauen Teilnahmebedingungen befinden sich auch auf unserer Website.
Es lohnt sich, zu Hause seinen Elektroschrott auszusortieren. Man hilft den Menschen im Kongo. Vielleicht wird aus den 3,7 Kilo Gold eine Menge Hochzeitsringe, mit denen viele Paare glücklich gemacht werden können. Jedes Handy zählt, auch wenn in denen nur ganz kleine Mengen sind, denn die Menge macht es aus. Wir freuen uns, wenn die Menschen zu Hause aufräumen, ihren Elektroschrott loswerden wollen und uns diese ausgemusterten Handys spenden.
Das Interview führte Hilde Regeniter.