Das Gefängnispersonal habe bereits die Anweisung erhalten, die Exekution vorzubereiten. Das berichtet die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM). Der 1977 geborene Pastor einer Pfingstgemeinde wurde vor anderthalb Jahren zum Tod durch den Strang verurteilt - wegen "Abfalls vom islamischen Glauben". Dies löste in der westlichen Welt eine Welle der Empörung aus, auch in Deutschland. Bundesregierung und Bundestag setzten sich für Nadarkhani ebenso ein wie die Deutsche Bischofskonferenz und Menschenrechtler. Mitten in der Auseinandersetzung um das Atomprogramm wird es plötzlich eng und ernst für den Pastor hinter Gittern.
CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe fordert jetzt erneut den Iran auf, das Todesurteil gegen Nadarkhani aufzuheben und ihn bedingungslos freizulassen. Niemand dürfe in seiner Religionsfreiheit eingeschränkt werden, sagte Gröhe der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) am Donnerstag in Berlin. Erst recht dürfe ein "Glaubensabfall" kein Grund für eine Hinrichtung sein, so Gröhe.
Protest kommt auch von der IGFM. Beobachter zeigen sich besorgt über die Lage der Menschenrechte, die sich im Land der Ayatollahs weiter verschlechtere.
Nadarkhani ist nun ins Licht gerückt; zugleich steht sein Name für andere Fälle, die das Regime im Dunkel halten kann. Denn kaum eine Forderung birgt soviel Zündstoff für das islamisch-westliche Verhältnis wie die nach Religionsfreiheit. Der eingekerkerte Pastor leitete eine Pfingstgemeinde. Am 22. September 2010 verurteilte ihn ein Revolutionsgericht zum Tod, wegen "Abfalls vom Islam" und "Verbreitung nichtislamischer Lehren". Ein anderes Gericht hatte zuvor festgestellt, dass Nadarkhani vor seinem Wechsel zum Christentum ein echter Muslim gewesen sei. Laut UN-Menschenrechtscharta kein Problem. Danach hat das Recht auf Religionsfreiheit universale Geltung.
Doch die harten Urteile in einigen islamischen Ländern gegen vom Glauben "Abgefallene" sprechen eine andere Sprache. Hinrichtungen zeigen, dass zwischen Rechten auf dem Papier und Rechten im Alltag eine tödliche Lücke klafft. Dabei droht der Koran Abgefallenen nicht mit weltlichen Strafen, sondern "nur" mit Gottes Zorn im Jenseits.
Scharia-Gelehrte stützen sich vor allem auf überlieferte Aussprüche Mohammeds - etwa: "Wer den Glauben aufgibt, den tötet!"
Verbrechen gegen die Gemeinschaft
Westlicher Individualismus und islamisches Kollektivdenken prallen bei der Beurteilung der sogenannten Apostasie direkt aufeinander.
Der Mehrheitsislam wertet den Abfall vom Glauben nicht als private Entscheidung, sondern als Verbrechen gegen die Gemeinschaft. Von Anfang an verkündete er die Einheit von Religion und Staat und bezog seine Identität auch aus der Abgrenzung gegenüber Andersgläubigen. Deshalb erschien muslimischen Führern eine Abkehr vom Glauben, das heißt von ihrem Glauben, als eine Art Fahnenflucht.
Staaten wie der Iran, Saudi-Arabien, Sudan und Jemen bedrohen die Abwendung von der Staatsreligion weiterhin mit dem Tod.
Hinrichtungen sind jedoch selten, schon weil die Fälle von Apostasie selten sind. Aus Ägypten sind neben Hafturteilen auch Zwangsscheidungen und Einweisungen in die Psychiatrie bekannt.
Auch in gemäßigteren Ländern wie Tunesien oder der Türkei bleibt Glaubenswechsel zutiefst verpönt und sozial geächtet. In Deutschland haben die großen Verbände DITIB und Zentralrat der Muslime in offiziellen Erklärungen freilich jede Bestrafung abgelehnt.
Die christlichen Kirchen in der islamischen Welt gehen mit der Missionierung sehr zurückhaltend um. Nur einige freikirchliche Gruppen setzen gezielt auf offensive Mission unter Muslimen und haben damit kleine Erfolge - leben aber gefährlich.
Mitten im Atomstreit lässt Teheran die Muskeln spielen
Pastor droht "Tod durch den Strang"
Beim Streit um das iranische Atomprogramm lässt Teheran an vielen Fronten die Muskeln spielen: gegenüber der Internationalen Atomenergiebehörde, in der Meerenge von Hormus und nun offenbar auch im Zentralgefängnis von Rasht im Norden des Landes. Dort soll der inhaftierte Pastor Youcef Nadarkhani in den nächsten Tagen hingerichtet werden.
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