Hilfswerke warnen vor Anstieg von Kinderarbeit in Corona-Zeit

Moderne Sklaverei

Zum Welttag gegen Kinderarbeit an diesem Freitag fordern Hilfswerke ein Ende der Ausbeutung von Kindern und Jugendlichen. Damit einher gehen auch Warnungen vor einem dramatischen Anstieg von Kinderarbeit in der Corona-Zeit.

Kinderarbeit auf dem Feld / © Incredible_backgrounds (shutterstock)
Kinderarbeit auf dem Feld / © Incredible_backgrounds ( shutterstock )

Das Hilfswerk Misereor hat ein Ende der Ausbeutung von Kindern und Jugendlichen gefordert. Vor allem Unternehmen müssten "ihre Anstrengungen im Kampf gegen diese Form moderner Sklaverei intensivieren", erklärte das Hilfswerk in Aachen. Eine Möglichkeit sieht Misereor im Zahlen von gerechten Preise.

Mehr fair gehandelte Produkte nötig

"Fair gehandelte Produkte können zu einer Abschaffung der Kinderarbeit beitragen", so der Misereor-Geschäftsführer Thomas Antkowiak.

2015 hatten sich die Vereinten Nationen in ihren Zielen für nachhaltige Entwicklung, den Sustainable Development Goals (SDGs), darauf geeinigt, die moderne Sklaverei bis 2021 abschaffen zu wollen.

Während in diesem Bereich zum Beispiel durch bessere Preise für Rohwaren und Kampagnenarbeit der Zivilgesellschaft zunächst Fortschritte erzielt worden seien, habe sich die Situation zuletzt nicht mehr verbessert, beklagte Misereor. Ein Jahr vor der Frist sei man von einem Erreichen des Ziels weit entfernt, erklärte Antkowiak. 

Besonders viele Kinder und Jugendliche werden den Angaben des Hilfswerks zufolge beim Anbau von Kakao ausgebeutet. In Ghana und der Elfenbeinküste, wo mehr als 60 Prozent des weltweiten Kakaos produziert werden, arbeiten demnach rund zwei Millionen Kinder auf den Feldern.

Grund dafür seien die unregelmäßigen und geringen Einkommen der Eltern, die den Kakao oft für niedrige Preise an große Unternehmen verkaufen müssten. "Das Durchschnittseinkommen eines Kakaobauern beträgt rund 0,78 Dollar pro Tag. Das sind gerade einmal 37 Prozent der 2,52 Dollar, die eine Familie zum Überleben benötigt", so Antkowiak. Damit die Familien ihre Existenz sichern könnten, spannten sie ihre Kinder als Arbeitskräfte ein.

In Deutschland greifen nach Angaben von Misereor viele Kunden beim Kauf von Kakaoprodukten auf fair gehandelte Produkte zurück. Im Kakaosektor sei der faire Umsatz so hoch wie noch nie. "Es gibt für deutsche Unternehmen keine Entschuldigung mehr, die Profite durch Kinderarbeit und Ausbeutung in irgendeiner Form rechtfertigen würde", erklärte Antkowiak dazu.

Weltweit verrichten den Angaben zufolge rund 152 Millionen der 5- bis 17-Jährigen ausbeuterische Kinderarbeit.

Hilfswerk: Corona lässt Kinderarbeit weltweit ansteigen

Vor einem dramatischen Anstieg der Kinderarbeit infolge der Corona-Krise warnt unterdessen das Kinderhilfswerk terre des hommes.

"Für Millionen Kinder hat die Corona-Krise das Gesicht von Hunger, Ausbeutung und dem Ende aller Hoffnungen auf Bildungschancen", heißt es in einem auf der Internetseite der Organisation in Osnabrück veröffentlichten Dossier zum Welttag gegen Kinderarbeit am Freitag.

Demnach sind Kinder in Entwicklungsländern häufig gezwungen, Geld zu verdienen, damit ihre Familien nicht hungern.

Laut dem Bericht mussten bereits vor der Pandemie weltweit 152 Millionen Kinder arbeiten; 386 Millionen litten unter extremer Armut. Die Vereinten Nationen schätzten, dass infolge der Pandemie weitere 66 Millionen Kinder in extreme Armut abrutschen.

Wegen der Krise haben laut Hilfswerk viele im informellen Sektor beschäftigte Menschen ihr Einkommen verloren. Dadurch seien Kinder gezwungen, Geld für ihre Familien zu erwirtschaften.

terre-des-hommes-Partnerorganisationen beobachteten in vielen Ländern Afrikas, Asiens und Lateinamerikas eine deutlich sichtbare Zunahme von Kinderarbeit.

Schulschließungen führen zu Hunger

Auch die Schulschließungen trügen zu Mangelernährung und Hunger bei, warnt das Dossier. Durch den Wegfall der Schulspeisungen verlören viele Kinder die wichtigste und oft einzige Mahlzeit am Tag. Nach Angaben des Welternährungsprogramms seien davon im Moment mindestens 365 Millionen Kinder betroffen. Weiter sei zu befürchten, dass in ärmeren Ländern viele Mädchen und Jungen den Anschluss an die Bildung komplett verlieren und gar nicht mehr in die Schule zurückkehren werden.

terre des hommes fordert die Regierungen dazu auf, die Belange armer und benachteiligter Kinder in ihren Corona-Hilfsprogrammen mit Priorität zu berücksichtigen. "Akut und um negative mittel- und langfristige Folgen wie Kinderarbeit zu verhindern, sind Nahrungsmittelhilfe oder Direkthilfen an bedürftige Familien wichtig", heißt es in dem Bericht.

Die Schulöffnungen nach den Lockdowns sollten von flächendeckenden Wiedereinschulungskampagnen begleitet werden. Zwar lobt das Hilfswerk das Ende April aufgelegte Sofortprogramm des Bundesentwicklungsministeriums, verlangt aber Nachbesserungen, was die Unterstützung von Kindern angeht.


Quelle:
KNA