Die Große ist zu Besuch, ihr Hund feiert das erste Wiedersehen nach ihrem Auszug mit ihr. Gemeinsam laufen wir über die Felder durch klare, warme Luft der strahlenden Nachmittagssonne entgegen.
Wir laufen den vertrauten Weg durch das winzige Wäldchen, biegen zu den Feldern ab. Der Hund steht stocksteif und lauscht, dann jagt er davon. Ein Fasan flattert aus dem Feld, der Hund hüpft geschwind und elegant hinterher. Der Fasan ist schneller, was für ein Glück.
Als wir die große Landstraße queren, warten wir, bis einer dieser riesigen, turmhohen Traktoren an uns vorbeigebraust ist. Im Führerstand neben dem Bauern sitzt stolz ein kleiner Junge, betrachtet die Welt aus luftiger Höhe.
Wohin die beiden wollen wird schnell klar: auf den Feldern vor uns läuft die Kartoffelernte auf Hochtouren. Fünf oder sechs riesige rote Landmaschinen sind im Einsatz. Routiniert spielen sich die Maschinen die Aufgaben zu. Für eine kleine Weile setzten wir uns auf die Bank unter den großen Baum, der eine Weggabelung beschattet und schauen einfach zu:
Die Traktoren fahren schnell über die Wirtschaftswege, so als müssten sie geschwind hierhin und geschwind dort hin. Wenige, vielleicht zwei Hände voll Menschen, junge Frauen, wettergegerbte Männer, Kinder - ganze Familien scheinen beteiligt. Die Luft über der Erde ist gefüllt mit Geschäftigkeit. Und irgendwie auch mit Freude.
Ich erinnere mich an meine Schulzeit, in der die Herbstferien nie einfach nur Herbstferien hießen - sondern von allen Erwachsenen mit dem Zusatz: bei uns waren das ja noch Kartoffelferien begleitet wurden. Oft gab es dazu die Erinnerungen an die Kindertage im Herbst mit der harten Arbeit auf den Kartoffelfeldern.
Hunderte von Vögeln rahmen die Ernteszene auf den Feldern heute. Sie kreisen über den Landmaschinen, und sammeln sich immer dort, wo das Feld gerade abgeerntet worden ist, als wären sie Möwen und die Maschinen Fischkutter.
Beim Abendessen frage ich meinen vogelkundigen Mann, wer da auf den Feldern in den Himmel schwärme: "Ach die" sagt er lakonisch, "das sind Möwen. Fehlgeleitete Möwen. Furchtbar, sogar die Krähen haben sie vertrieben."
Tja, selbst in soviel Schönheit, wie den tanzenden Möwen, liegt die Erinnerung, dass wir hier auf Erden nie das ganze Paradies finden. Die Einsicht schenkt mir ein bisschen Demut zu Erntedank. Danke liebe Möwen.