Mombasas Erzbischof wünscht sich mehr kulturellen Austausch

"Mission ist nie eine Einbahnstraße"

In vielen afrikanischen Ländern hat das Christentum noch mehr Gewicht als in Westeuropa. Ist die Zeit für eine "umgedrehte Mission" gekommen? Der Vorsitzende der kenianischen Bischofskonferenz möchte mehr differenzieren.

Autor/in:
Renardo Schlegelmilch
Mombasa / © PrzemoleC (shutterstock)
Martin Kivuva Musonde / © Renardo Schlegelmilch (DR)
Martin Kivuva Musonde / © Renardo Schlegelmilch ( DR )

Martin Kivuva Musonde ist seit 2014 Erzbischof der kenianischen Metropole Mombasa. Von den 2,4 Millionen Einwohnern sind knapp 15 Prozent katholisch. Trotzdem ist die Zahl der Gottesdienstbesucher und Priesteramtskandidaten um einiges höher als in vielen ähnlich großen Bistümern in Deutschland. Seit 2021 hat Mombasas Erzbischof zudem den Vorsitz der Bischofskonferenz in Kenia inne. Im Moment ist er zum Monat der Weltmission in Deutschland unterwegs und schaut sich Gemeinsamkeiten und Unterschiede des Glaubenslebens in Deutschland und Kenia an.

Die Kirche in Europa sei eine andere als in seinem Heimatland. Mehr Geld, mehr Ressourcen – dafür aber weniger aktive Beteiligung am Gemeindeleben. Ist es an der Zeit, dass die Afrikaner nun die Europäer missionieren? Das werde in Kenia durchaus diskutiert, sagt Kivuva Musonde, er selbst findet das aber zu kurz gedacht, erklärt er im DOMRADIO.DE-Interview: "Schon immer, als uns Missionare aus Europa geschickt wurden, haben die nicht nur gegeben, sondern auch etwas aus unserer Kultur mitgenommen." Wenn die Missionare in ihre Heimatländer zurückkehrten, seien sie das als andere Menschen. 'Katalysatoren für kulturellen Austausch' nennt das der Geistliche. "Wer heutzutage sagt, Mission sollte von Afrika nach Europa laufen, hat diese Dimension nicht verstanden. Mission ist nie eine Einbahnstraße. Es ist ein dauerndes Geben und Nehmen."

Erzbischof Martin Kivuva Musonde

"Missionare waren auch immer Katalysatoren für kulturellen Austausch."

Mehr Berufungen in Kenia

Es gäbe dabei durchaus Dinge, die könnten die Menschen in seinem Heimatland von Deutschland lernen, so der Erzbischof. Aber das gelte eben auch umgekehrt. In Zeiten der zunehmenden Säkularisierung in westlichen Ländern sehe man das zum Beispiel an den Berufungen zum geistlichen Dienst. Da sieht Mombasas Erzbischof größeres Potential in Afrika. "In Europa und Amerika werden die Familien immer kleiner. Das führt ganz natürlich dazu, dass auch die Berufungen zum Priesteramt zurückgehen. Wenn eine Familie nur zwei Kinder hat, haben die ganz andere Verantwortungen.“

Bei seinem Besuch in den deutschen Diözesen will er nicht nur das Gemeindeleben in den Blick nehmen, sondern zum Beispiel auch ganz konkret die Frage technischer Innovationen stellen. In dem Bereich sei Deutschland weit voraus, bei grüner Energie zum Beispiel. "Erneuerbare Energien wirken für mich wie eine Revolution." Sonnenenergie sei ein gutes Beispiel. "In Kenia haben wir fast das ganze Jahr durchweg Sonnenschein. Wir könnten also riesige Mengen an Energie produzieren, zum Kochen, für die Beleuchtung – was auch immer. Ich habe schon viele Einrichtungen gesehen, die so funktionieren." Auch im Bereich des Wasserstoffantriebs werde in Deutschland gerade viel entwickelt, was er genau beobachtet. "Diese Erkenntnisse nehme ich auch gerne mit zurück in die Bischofskonferenz."

Synodaler Weltprozess

Deutschland und Kenia haben sowohl kirchlich als auch gesellschaftlich andere Prioritäten. Im kirchlichen Bereich will das im Moment die Weltsynode zusammenbringen. Seit vergangenem Herbst läuft eine weltweite Befragungskampagne, die herausfinden will, wo den Katholiken der Schuh drückt. In Deutschland standen bei den Umfrageergebnissen Themen wie Frauenweihe oder Homosexualität ganz oben. In Kenia gebe es auch Wünsche und Konflikte in den Gemeinden, so der Vorsitzende der Bischofskonferenz, das seien allerdings andere Themen als in Deutschland: "Wie können wir die Laien besser einbinden? Wie können wir uns besser um unsere Katecheten kümmern, die sich so sehr engagieren?" Auch die Frage der Berufungen sei in Kenia ein größeres Thema als man von außen denken würde. Konflikte gebe es aber vor allem im Miteinander von Laien und Geistlichen. "Wie ernst nehmen es die Priester mit ihren Aufgaben? In einigen Gebieten ist diese Frage des Miteinanders fast schon zum Konflikt geworden. Aber die Synodalität lehrt uns, dass wir einen gemeinsamen Weg gehen müssen. Die Kirche ist eine Familie. Wenn wir als Familie leben, müssen wir unsere Probleme auch gemeinsam angehen und diskutieren."

Im Rahmen des Monats der Weltmission feiert Erzbischof Kivuva Musonde an diesem Sonntag um 10 Uhr ein Pontifikalamt im Kölner Dom. DOMRADIO.DE überträgt live. Das komplette Interview auf Englisch zum Anhören gibt es hier.

Weltmissionssonntag und Monat der Weltmission

Der Weltmissionssonntag ist die größte Solidaritätsaktion der Katholikinnen und Katholiken weltweit. Mehr als 100 päpstliche Missionswerke sammeln an diesem Tag auf allen Kontinenten für die soziale und pastorale Arbeit der Kirche in den 1.100 ärmsten Bistümern der Welt. Die Spenden kommen unter anderem den dort arbeitenden Seelsorgerinnen und Seelsorgern zugute.

Symbolbild Ein Kind in Papua-Neuguinea  / © Sergey Uryadnikov (shutterstock)
Symbolbild Ein Kind in Papua-Neuguinea / © Sergey Uryadnikov ( shutterstock )
Quelle:
DR