Monika Bormann leitet Beratungsstelle «Neue Wege»

Hilfe für missbrauchte Kinder

Seit 16 Jahren ist Monika Bormann Leiterin der Beratungsstelle «Neue Wege» der Bochumer Caritas, die sich mit der Betreuung sexuell missbrauchte Kinder befasst. Noch immer kommt es vor, dass sie von den Begegnungen mit den jungen Opfern erschüttert wird. So etwa, wenn ein missbrauchtes Mädchen nicht erzählen will, was passiert ist.

 (DR)

Trotz ihrer langjährigen Erfahrung bewegen die 55-Jährige auch heute noch die Schicksale der Kinder. "Opfer sein, das heißt, sich schuldig und schmutzig zu fühlen, zu glauben, etwas falsch gemacht zu haben", erläutert sie. "Das kann Monate und Jahre andauern - und manchmal ein Leben lang." --
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"Beratungsstelle gegen Misshandlung, Vernachlässigung und sexuellen Missbrauch von Kindern" lautet der komplette Name von "Neue Wege". Seit 19 Jahren ist sie Anlaufstelle für Kinder und Jugendliche, die zum Teil extrem traumatisierende Erfahrungen machen mussten. "Unser Auftrag ist, den Jungen und Mädchen zu helfen, mit dem, was sie erlebt haben, so gut es geht durchs Leben zu kommen", erläutert Bormann.--
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Sechs Mitarbeiter hat ihr Team. Dass aus Opfern handlungsfähige Persönlichkeiten werden, die sich selbst liebenswert fühlen und die eigene Stärke spüren - darum geht es in ihrer Arbeit. "Es ist für ein Kind unglaublich schwer, über die traumatischen Erfahrungen zu sprechen", sagt die Verhaltens- und Traumatherapeutin. "Therapie hat Grenzen, manchmal bittere Grenzen." Die werden zum Beispiel dann deutlich, wenn Behandlungen abgebrochen werden, "weil der Horror, sich mit dem Erlebten auseinanderzusetzen, zu groß ist". --
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Die Zielrichtung für die Therapie klingt simpel. "Sich wieder spüren können, wieder wissen, was man mag und was man nicht mag, wieder wissen, dass man das auch durchsetzen darf, dass man in Ordnung ist und ein Recht hat im Leben", diese Befreiung von den Folgen einer schlimmen Verletzung kann - sagt Bormann - Therapie erreichen. 393 sexuell missbrauchte Kinder und Jugendliche und dazu noch 85 Opfer häuslicher Gewalt hat die Beratungsstelle im letzten Jahr betreut - eine bedrückende Zahl. --
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"Solange ich das Gefühl habe, ich kann etwas verbessern, so lange kann ich auch den Schrecken ertragen", sagte die Therapeutin. "Dabei zu helfen, den unglaublichen Schmerz zu heilen und ein Stück weit mit den Kindern und Jugendlichen den Weg ins Leben zu gehen, das trotz allem schön werden kann - das ist auch ein Riesengeschenk." Der Glaube hilft der Katholikin, die Belastungen auszuhalten. --
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Der Leiter des Bochumer Jugendamtes, Dolf Mehring, schätzt Monika Bormann als "eine Fachfrau, die mit hohem persönlichen Einsatz dazu beigetragen hat", dass die Beratungsstelle "Neue Wege" in der Region hoch angesehen ist. Ihrem Engagement sei es mit zu verdanken, dass der Kinderschutz in Bochum "einen ganz besonderen Stellenwert genießt".--
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Trotz allgemeiner Wertschätzung und trotz der unbestreitbaren Bedeutung der Arbeit - die Existenz der Beratungsstelle "Neue Wege" ist nicht gesichert. Bisher hat die Stadt Bochum sie finanziert. Ob sie das auch in Zukunft tun wird, ist angesichts der angespannten Finanzlage der Kommune unklar. Ein neuer Vertrag mit der Kommune steht aus. "Wenn die Stadt die Kooperation nicht erneuert, wird die Beratungsstelle geschlossen", fürchtet Bormann. "Aber ich vertraue darauf, dass wir einen neuen Vertrag bekommen." --
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