Monsignore Bosbach über den geplanten "Sendungsraum Köln-Mitte"

"Wie wollen wir künftig Christus feiern?"

In den Gemeinden in der Kölner Innenstadt stehen Veränderungen bevor: Das Erzbistum plant einen "Sendungsraum Köln-Mitte". Was das für die Katholiken vor Ort bedeutet, erklärt Monsignore Markus Bosbach, Leiter der Seelsorgebereiche.

 (DR)

DOMRADIO.DE: Was planen Sie für die Kirchengemeinden in der Kölner Innenstadt?

Monsignore Markus Bosbach (Hauptabteilungsleiter Seelsorgebereiche, Erzbistum Köln): Es stimmt, dass wir einen "Sendungsraum" bilden wollen. Aber das heißt nicht, dass es um EINE Gemeinde geht, sondern dieser Sendungsraum wird auch künftig aus ganz vielen lebendigen Gemeinden bestehen, wie auch heute schon.

DOMRADIO.DE: Was wird sich konkret für die Gemeinden ändern?

Monsignore Bosbach: Die Strukturen ändern sich nicht, sie bleiben unverändert. Der Sendungsraum ist eigentlich eine Zumutung. Die Zumutung, sich jetzt zusammenzusetzen - die Engagierten vor Ort, die Seelsorger, die Priester, die Getauften - und gemeinsam zu überlegen: Wie wollen wir in der Kölner Innenstadt Kirche sein? Wie wollen wir künftig Christus lebendig feiern und ihn glaubwürdig bezeugen? Wie wollen wir aus dem Geist Christi heraus tätige Nächstenliebe gestalten? Und das in diesem Raum, in den so viele Menschen hineinkommen zum Gottesdienst, aber auch zu Kulturveranstaltungen, als Touristen, als Arbeitnehmer. Es geht also um einen ganz lebendigen Ort.

Und "Sendungsraum" heißt: Das ist der Raum, in den Christen gesandt sind, das Evangelium zu verkünden. Und diesen Prozess wollen wir mit den Menschen zusammen angehen. Der Prozess fängt gerade erst an und wird nicht schnell zu Ende sein, sondern uns sicher über die nächsten Jahre begleiten.

DOMRADIO.DE: Und das wird ein Prozess der Gemeinden?

Monsignore Bosbach: Vor allem ein Prozess der Gemeinden und der Menschen, die sich darüber hinaus engagieren wollen in diesem Zukunftsbild für die Kölner Innenstadt. Wir als Generalvikariat wollen da gar nicht viel vorgeben, sondern den Menschen helfen, dass sie gut miteinander ins Gespräch kommen. Deshalb gab es am Samstag einen Auftakt zu einem Gesprächsprozess.

DOMRADIO.DE: Sie haben sich am Samstag getroffen mit Seelsorgern, pastoralen Mitarbeitern und Ehrenamtlichen. Wie haben die reagiert?

Monsignore Bosbach: Die Reaktionen waren sehr vielfältig. Sie waren zum Teil kritisch, aber auch positiv. Was wir gespürt haben: Jeder, der sich in der Kölner Innenstadt kirchlich engagiert, der tut das aus Entscheidung. Darauf bauen wir, dass deshalb auch viele Menschen mitarbeiten und mitgehen werden auf diesem Weg – weil sie ein wirkliches Interesse an ihren Kirchorten und Gemeinden haben, an der Art und Weise, wie der Glaube dort heute gefeiert und bezeugt wird.

DOMRADIO.DE: Ist der Priestermangel ein Grund für die Pläne?

Monsignore Bosbach: Die sinkende Zahl von Priestern ist sicher eine gewichtige Herausforderung, weil sie auch mit der Feier der Eucharistie zusammenhängt. Aber es ist eben nur eine Herausforderung. Ein Teilnehmer am Samstag hat gesagt, dass wir doch auch die sinkende Zahl der Gläubigen und die sinkende Zahl der Engagierten sehen müssen. Wir haben manchmal Schwierigkeiten, Mitarbeitende für unsere Gremien zu finden.

Die Finanzlage mancher Kirchengemeinde in der Innenstadt ist schwierig. Gleichzeitig gibt es die Verantwortung für viele große Bauten. "Sendungsraum" ist auch die Chance, gemeinsam hinzuschauen: Was können wir vielleicht gemeinsam besser lösen, als jeder alleine?

DOMRADIO.DE: Wie weit sehen Sie bei den Plänen für die Kölner Innenstadt-Gemeinden in die Zukunft?

Monsignore Bosbach: Es geht um die Zumutung, Schritte zu wagen, bei denen wir nicht wissen, wo wir am Ende rauskommen werden. Das ist so, wenn man in die Zukunft geht. Wir sind eben nicht einfach ein strategischer Konzern, der irgendwie sagt: Das ist das Ziel und jetzt müssen wir sehen, dass wir dahinkommen. Sondern wir wollen aus dem Evangelium heraus gemeinsam das Ziel entdecken und einen Plan für die Kölner Innenstadt entwickeln: Wie können wir hier zukünftig als Christinnen und Christen glaubwürdig leben und feiern?

DOMRADIO.DE: Es gibt ja durchaus ein lebendiges christliches Leben in der Kölner Innenstadt. Gottesdienste werden gut besucht. Ist das für einen urbanen Raum ungewöhnlich?

Monsignore Bosbach: Auf jeden Fall! Das haben wir auch immer gesagt: Es ist eine riesige Chance. Es kommen viele Menschen in die Innenstadt, um sich hier religiös zu beheimaten. Wir sehen das zum Beispiel daran, dass es doppelt so viele Taufen wie Beerdigungen in der Kölner Innenstadt gibt. Das ist ja sonst eigentlich eher selten. Und dass auch die Zahl der Gottesdienstbesucher exorbitant hoch ist. Das zeigt einfach: Wir haben hier Orte, wo Menschen gerne hinkommen. Die wollen wir auch fördern und stärken und erhalten und eigentlich noch weitere Orte schaffen.

Der "Sendungsraum" bietet auch die Chance, zu schauen, ob wir gemeinsam weiße Flecken entdecken und wo wir noch etwas tun können. Ich denke zum Beispiel an niederschwellige Zugänge für Menschen, die jetzt noch keinen Bezug zur Eucharistiefeier haben, die aber vielleich doch ein erstes oder neues Interesse am Christentum haben und da nach guten Wegen suchen, wo sie andocken können. Ich glaube, da können wir in Köln als einer so wichtigen katholischen Stadt noch viel gemeinsam entwickeln.

Das Interview führte Johannes Schröer.


Monsignore Markus Bosbach / © Tomasetti (DR)
Monsignore Markus Bosbach / © Tomasetti ( DR )
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DR