Ethikerin fordert Überarbeitung des Embryonenschutzgesetzes

"Moralisches Raster ist notwendig"

Die Direktorin des Instituts für Geschichte und Ethik der Medizin an der Technischen Universität München hält es für notwendig, "das veraltete Embryonenschutzgesetz zu überdenken". Forscher erhoffen sich davon neue Erkenntnisse über die frühe menschliche Entwicklung.

Embryonenforschung / © Hwang (dpa)
Embryonenforschung / © Hwang ( dpa )

Dieses sei fast 30 Jahre alt und könne "viele dieser neuartigen Zellgebilde gar nicht erfassen, weil sie anders entstehen und sich oft anders entwickeln als normale Embryonen", sagte Alena Buyx, die auch Mitglied des Deutschen Ethikrats ist, im "Spiegel" (Samstag).

Die Ethikerin bezog sich dabei vor allem auf künstlich erschaffene Embryonenmodelle. "Dabei werden im Labor embryonenähnliche Strukturen erzeugt, etwa aus Stammzellen." Forscher erhofften sich davon neue Erkenntnisse über die frühe menschliche Entwicklung. Das könnte zu einer besseren Behandlung von Unfruchtbarkeit führen. Auch Medikamente ließen sich an solchen Zellgebilden testen.

Fundamentale Eigenschaften des Menschseins

Gleichzeitig jedoch würden diese Strukturen menschlichen Embryonen immer ähnlicher: "Damit rückt die Frage näher, ob sie einen eigenen moralischen Status oder sogar denselben Status wie menschliche Embryonen erhalten sollten. Es geht also um die fundamentalen Eigenschaften des Menschseins: Wann ist ein Mensch ein Mensch?"

Zukünftig könnte es laut Buyx zum Beispiel Zellgebilde geben, die zwar Anlagen für die Empfindungsfähigkeit haben, aber kein voll entwickeltes Gehirn: "Oder was machen wir mit Strukturen, die zwar eine Art Herz zu haben scheinen, gleichzeitig aber gar nicht aussehen wie menschliche Embryonen? Welchen moralischen Status sollen solche Gebilde haben?"

Forschung an Embryonen bislang verboten

Niemand werde fordern, hier volle Personenrechte zuzubilligen. Doch man müsse klären, welche Forschung erlaubt sein soll und welche nicht, forderte die Ethikerin. Und natürlich stelle sich die Frage, ob so ein Gebilde auch einer Frau eingepflanzt werden könnte, um ein Kind zu erschaffen: "Das würde ich zum jetzigen Zeitpunkt auf jeden Fall verbieten. Dafür gibt es keine medizinische Notwendigkeit, und man würde unglaubliche Risiken eingehen."

Anders sehe es aus, wenn es darum gehe, schwere Krankheiten zu vermeiden oder besser behandeln zu können, ergänzte Buyx: "Solche Forschung halte ich für ethisch vertretbar." Notwendig sei eine Art moralisches Raster, um diese Fragen zu beantworten. Damit könnte sich zum Beispiel der Deutsche Ethikrat befassen: "Für Deutschland ist diese Diskussion besonders interessant, weil bei uns Forschung an Embryonen ja bislang grundsätzlich verboten ist."


Quelle:
KNA