Es ist schön, dass Sie mit mir heute früh den Tag mit Gott anfangen. Haben Sie jetzt eigentlich schon Erfahrungen gemacht mit den Gottesdiensten und Eucharistiefeiern, die jetzt wieder möglich sind? Wie ist es Ihnen damit denn ergangen? Ich persönlich habe da zwei Seelen in meiner Brust.
Zum einen hatten wir ja das Privileg, im Mutterhaus heilige Messe feiern zu können, da wir als Klostergemeinschaft eine Sonderregelung hatten. Also ohne andere Gottesdienst-Mitfeiernde, nur wir Schwestern, dafür aber mit Orgel und vollem Gesang. Und dann wieder hier in der Pfarrkirche mit Abstand. Mit Maske, nur höchstens 90 Leute, wo sich sonst viele 100 versammeln. Mit Registrierung an der Kirchentür und mit Orgel, aber ohne Gesang. Und ich muss gestehen: Es ist einfach nur eigentümlich. Es fühlt sich falsch und außenstehend an, wenn man zwar da ist und eigentlich mitfeiern will, aber es nicht geht, laut und mit Lust zu singen. Stattdessen singt der Kantor alles allein und es ist ein bisschen konzertmäßig.
Aber etwas ist anders. Seit wir keine Lieder mehr singen dürfen, wird wenigstens sonntags das Credo, das Glaubensbekenntnis, laut gemeinsam gebetet. Es ist ja eine deutsche Besonderheit, dass statt des gesprochenen Glaubensbekenntnisses meistens Credo-Lieder gesungen werden. Aber das ist ein Unterschied. Die Lieder sind oft glattgebügelt und versuchen in ein paar Strophen singbar etwas auszudrücken, was in einem kraftvollen, überlieferten Text viel Ausdrucksstärke und deutlicher ausgesagt wird. Also wenn Sie mich fragen: Schon gern und viel singen ist toll, weil da ein ganz anderes Gespür von Gemeinschaft, von gottesdienstlicher Feier und persönlichem Mitfeiern ist. Und ich hoffe sehr, dass das bald wieder für alle und mit allen geht. Aber beten oder lesen Sie vielleicht heute doch mal mal eins der Credo-Lieder aus dem Gotteslob und vergleichen Sie das mit dem gebeteten Text des Glaubensbekenntnisses. Und ich hoffe sehr, dass beides Ihnen Mut und Kraft und Bestärkung gibt, in Ihrem Glauben für den Tag heute.