Morgenimpuls von Schwester Katharina

"Mitten hinein wird dieses Kind geboren, das uns alle retten wird"

Nicht alle können als heile Familie Weihnachten feiern. Und viele Menschen sind an Heiligabend allein, einsam, getrennt von ihren Lieben, krank oder von Schuld und Versagen erschüttert. Das stellt Schwester Katharina auch im Kinderhospiz fest.

Weihnachtsbaum / © IgorAleks (shutterstock)

Beim Adventskaffee im Kinderhospiz vorige Woche habe ich mich sehr angeregt mit Anouk, Kiona, Timo und ihrem Papa unterhalten, die sich neben mich an den Tisch gesetzt hatten.

Kiona ist schwer mehrfachbehindert, wird über eine Sonde ernährt und sitzt im Rollstuhl. Timo hatte eine Lippen-Gaumenspalte, die ziemlich gut kosmetisch regeneriert worden ist. Und der 13-jährigen Anouk merkt man an, dass sie viel ernster und zurückhaltender ist, als es in ihrem Alter normal der Fall wäre. Und dann hab ich nach der Mama gefragt. Und der Vater hat gesagt, die lebt jetzt bei ihrem neuen Lebensgefährten. Das ist aber doof, ist mir da vor Schreck rausgerutscht. Da lächelt der Papa zum ersten Mal und meint, ja, da haben Sie vollkommen recht. Das ist echt doof. Aber wir vier können es nicht ändern und versuchen jetzt alle unser Bestes zu geben und als Familie zusammenzuhalten und zu leben.

Wir plaudern weiter und singen in großer Runde einige Advents- und Winterlieder, hören eine liebevolle Geschichte, und Timo läuft von einem zum anderen, um sich die Weihnachtskugeln anzuschauen, die sie bemalt und mit Tierbildern verziert haben.

Nein, die vier sind keine heile Familie, die wir am Heiligen Abend so gern sehen würden und die in vielen Wohnungen und Häusern schmerzlich vermisst werden. Die Mama und die Ehefrau fehlt in dieser Familie sehr. Aber alle vier werden versuchen, zusammen in Liebe Weihnachten zu feiern. Und Papa wird Gitarre spielen und Anouk freut sich auf das eine Lied, das auch jetzt beim Kaffee kommt und das sie auswendig kann: "In der Weihnachtsbäckerei".

Vielen wird es heute Abend genauso gehen und sie sind einsam, allein, krank, getrennt von ihren Lieben und erschüttert von Schuld und Versagen. Und mitten hinein wird dieses Kind geboren, das uns retten wird, uns alle. Die Glücklichen und die Traurigen, die, die alle zusammen feiern, und die, die im Gefängnis oder im Krankenhaus sind. Und vielleicht können alle trotzdem singen: Christ, der Retter ist da.


Quelle:
DR