"Meine Arbeit in Russland als Oberrabbiner von Moskau ist nun beendet", zitierte Moskaus Jüdische Gemeinde den 58-Jährigen gegenüber der staatlichen Nachrichtenagentur RIA Nowosti (Donnerstag). Demnach schrieb Goldschmidt in seiner Abschiedserklärung an die Gemeindemitglieder: "Ich wünsche Ihnen allen das Allerbeste und werde mit Ihnen in Kontakt bleiben, um jedem von Ihnen zu helfen und ihn zu unterstützen."
Kurz nach der Bestätigung als Oberrabbiner
Erst Anfang Juni war er als Oberrabbiner wiedergewählt worden, obwohl er kurz nach Beginn der russischen Überfalls auf die Ukraine Ende Februar Russland verlassen hatte. Goldschmidt war nach Angaben seiner Schwiegertochter von russischen Behörden unter Druck gesetzt worden, den Krieg gegen die Ukraine öffentlich zu unterstützen. Das habe er abgelehnt. Anfangs hatte es geheißen, der Geistliche habe das Land nur verlassen, um seinen Vater in einer Jerusalemer Klinik zu besuchen.
Wer neuer Moskauer Oberrabbiner wird, ist noch unklar. Goldschmidt hatte das Amt seit 1993 inne. Er bleibt weiter Präsident der orthodox geprägten Konferenz Europäischer Rabbiner (CER), die als Dachorganisation nach eigenen Angaben rund 1.000 Rabbiner vertritt.
Krieg gegen die Ukraine "Katastrophe"
Goldschmidt hatte Russlands Krieg gegen die Ukraine als "Katastrophe" bezeichnet. "Die Stimmung in russischen jüdischen Gemeinden ist bedrückend. Viele Juden sind ausgewandert, ein Teil der Menschen sitzt auf gepackten Koffern", sagte er Anfang Juni im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Auch der Erzbischof der evangelisch-lutherischen Kirche Russlands, Dietrich Brauer, ist wegen staatlichen Drucks auf ihn ins Ausland geflohen. Er lebt seither in Deutschland.
Pinchas Goldschmidt wurde am 21. Juli 1963 in Zürich geboren. Er studierte in Israel und den USA und erhielt 1987 in Jerusalem sein Rabbinerdiplom. 1989 zog er in die damalige Sowjetunion und spielte bald eine zentrale Rolle in der dortigen jüdischen Gemeinschaft.