Heinrich Timmerevers wurde am 25. August 1952 im oldenburgischen Garrel-Nikolausdorf geboren. Nach seinem Studium der Theologie und Philosophie erhielt er 1980 die Priesterweihe. 2001 wurde er Weihbischof für die Region Oldenburg und Vechta. (Timmerevers im Porträt)
Das Bistum Dresden-Meißen ist seit gut sieben Monaten ohne Bischof. Im September 2015 hatte Heiner Koch (61) die Diözese nach zweieinhalb Jahren verlassen und die Leitung des Erzbistums Berlin übernommen. Seither leitet Domkapitular Andreas Kutschke (42) das Bistum übergangsweise als Diözesanadministrator. Im Bistum Dresden-Meißen leben 142.000 katholische Gläubige.
Timmerevers: "Ich bin bereit"
Es sei eine Freude, dass ein Weihbischof des Bistums Münster dieses schöne Aufgabe im nicht minder schönen Bistum Dresden-Meißen übernehmen werde, sagte der Münsteraner Bischof Felix Genn bei der Bekanntgabe der Ernennung. Zugleich sei es ein Anlass, schon jetzt dankbar und mit ein wenig Wehmut auf das zurückzuschauen, was Heinrich Timmerevers im Bistum und konkret im Offizialatsbezirk geleistet habe. "Wir geben einen überzeugten und überzeugenden Christen, einen Seelsorger aus Liebe zu Gott und den Menschen ab, der den ihm anvertrauten Menschen, aber auch mir ganz persönlich immer ein wertvoller, hoch geschätzter Wegbegleiter war", sagte der Bischof.
Timmerevers sagte, die Ernennung habe ihn sehr berührt, aber auch innerlich aufgewühlt. Er habe einige Tage gebraucht, um sich von ganzem Herzen dieser Berufung zu stellen. "Ich bin bereit und verlasse meine norddeutsche Oldenburger Heimat, um zu den Menschen ins Bistum Dresden-Meißen zu kommen", erklärte er.
Gespannt auf die Herausforderung
"Mich trägt in dieser Stunde das Wort, das an Abraham erging (Gen. 12,1): Zieh weg aus deinem Land, von deiner Verwandtschaft und von deinem Vaterhaus in das Land, das ich dir zeigen werde", führte Timmerevers weiter aus, "dieses für mich neue Gerufen- und Gesendet-werden in das Bistum Dresden-Meißen nehme ich gerne an. Ich freue mich auf die Menschen, die dort leben, auf viele gute Begegnungen und Gespräche. Ich freue mich darauf, mit ihnen gemeinsam Kirche sein zu können. Ich komme als Lernender und möchte Neues kennen lernen."
Die katholische Kirche sei dort in einer Diasporasituation und habe in schweren Zeiten den Glauben durchgetragen. Er sei gespannt auf die Herausforderung, die ihn erwarte und lasse sich gerne von den Menschen in seiner neuen Diözese ihr Land zeigen. Gegenüber domradio.de führte Timmerevers aus: "Es gibt ja auch die nordoldenburgerische Diaspora, dort habe ich erlebt, dass die Christen in der Diaspora mit einer ganz großen Entschiedenheit ihren Glauben leben, dass sie das mit einer großen Freude und Selbstverständlichkeit tun. Das hat mich immer sehr beeindruckt, und das macht mir sehr viel Mut für die weite Fläche der Diaspora im Bistum Dresden-Meißen. Da gehe ich ganz hoffnungsvoll hin."
Gratulation von Kardinal Marx
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, hat dem künftigen Dresdner Bischof gratuliert ihm für die neue Aufgabe Gottes Segen gewünscht. In einem Glückwunschbrief schreibt Kardinal Marx: "Deine reiche pastorale Erfahrung, die Du in weit über 30 Jahren priesterlichen Dienstes gesammelt hast und Deine segensreiche Zeit als Weihbischof im Bistum Münster, die Du jetzt auch bereits 15 Jahre ausübst, sind beste Voraussetzungen für die Herausforderungen, die vor Dir liegen." Der Wechsel von Vechta in die ostdeutsche Diaspora sei ein großer Schritt. "Ich bin überzeugt, dass Dich die Gläubigen im Bistum Dresden-Meißen mit großem Wohlwollen aufnehmen werden", so Kardinal Marx.
Ausdrücklich dankt Kardinal Marx dem künftigen Dresdner Bischof für sein bisheriges Engagement in der Deutschen Bischofskonferenz, wozu insbesondere die Mitgliedschaft in der Kommission für geistliche Berufe und kirchliche Dienste sowie der Unterkommission für Lateinamerika zählen. "Der bevorstehende 100. Deutsche Katholikentag in Leipzig und der Weltjugendtag in Krakau sind sicherlich gute Gelegenheiten, um sehr bald mit den Gläubigen Deines Bistums in Kontakt zu kommen", schreibt Kardinal Marx.
Eines der kleinsten Bistümer
Rund 80 Prozent der Gesamtbevölkerung auf dem Gebiet des neuen Bistums von Timmerevers sind konfessionslos, lediglich 3,5 Prozent katholisch. Insgesamt zählt das kleine Diaspora-Bistum gut 141.000 Katholiken in Sachsen und im Osten Thüringens. Nur die 40.000 Sorben in der Oberlausitz, eine slawischsprachige Volksgruppe mit reicher religiöser Tradition, lebt in einem geschlossen katholischen Siedlungsgebiet.
In seinen heutigen Grenzen ist das Bistum zwar noch keine 100 Jahre alt, seine Wurzeln reichen jedoch bis ins 10. Jahrhundert zurück. Die frühere Diözese ging allerdings im Zuge der Reformation unter. Von großer Bedeutung war gut 150 Jahre später der Wechsel des sächsischen Kurfürsten August des Starken zum katholischen Glauben, um die polnische Königskrone erlangen zu können. Zwar blieb Sachsen weitgehend protestantisch, doch in seinem Hofstaat waren nun beide Konfessionen vertreten.
Augusts Konversion leitete einen vor allem kulturellen Wiederaufschwung des Katholizismus ein. So ließ sein Sohn August III. die Hofkirche errichten, die Hofkapellknaben wurden um einen katholischen Zweig ergänzt. Heute gelten die Kapellknaben als wichtiger katholischer Beitrag zum internationalen Renommee Dresdens.
Einziges DDR-weites Katholikentreffen
Und die Hofkirche avancierte zu einem Wahrzeichen des "Elbflorenz", als markanter Punkt in Dresdens weltbekannter Altstadt-Silhouette. 1921 erhob Papst Benedikt XV. die damalige Apostolische Präfektur Meißen zum neuen Bistum Meißen mit Bischofssitz in Bautzen. Wegen seiner Bereitschaft zu offener Kritik legendär wurde der aus Westfalen stammende Bischof Petrus Legge. Er bestieg 1932 den Bischofsstuhl und führte das Bistum bis zu seinem Tod 1951 durch Nazizeit, Krieg und Sowjetbesatzung.
Ein herausragender Glaubenszeuge in der NS-Zeit war auch der sorbische Kaplan Alojs Andritzki (1914-1943), der von den Nazis im Januar 1941 wegen "heimtückischer Angriffe auf Staat und Partei" verhaftet wurde, weil er deren Ideologie und Vorgehen kritisiert hatte. Er starb zwei Jahre später im Konzentrationslager Dachau. 2011 wurde er in Dresden seliggesprochen.
Zunächst ab 1955 als Administrator und ab 1958 als Bischof lenkte Otto Spülbeck die Geschicke des Bistums. Er machte sich einen Namen als Kritiker des SED-Regimes und Fürsprecher eines wiedervereinigten Deutschlands. Einen neuen Namen und Hauptsitz bekam die Diözese unter Bischof Gerhard Schaffran. Hartnäckig bemühte dieser sich um die Verlegung des Bischofssitzes von Bautzen nach Dresden. 1979 hatte er sein Ziel erreicht, das Bistum trägt seither den Doppelnamen Dresden-Meißen. Große Beachtung fand 1987 auch das erste und einzige DDR-weite Katholikentreffen in Dresden, zu dem 100.000 Gläubige zusammenkamen, mehr als zehn Prozent aller Katholiken.
Hochburg rechtsextremistischer Umtriebe
Das neue Selbstbewusstsein dürfte auch dazu beigetragen haben, dass sich im Wendejahr 1989 in Sachsen stärker als anderswo auch katholische Christen in der Bürgerbewegung engagierten. Heute macht der Freistaat jedoch als Hochburg rechtsextremistischer Umtriebe von sich reden. Zusammen mit dem evangelischen Landesbischof Carsten Rentzing ist Timmerevers bei diesem Problem besonders herausgefordert.
Das Ende der DDR hatte den Weg frei gemacht für zuvor unmögliche Formen des öffentlichen Wirkens etwa an sechs neu gegründeten katholischen Schulen. In seiner 24-jährigen Amtszeit bis 2012 nutzte Bischof Joachim Reinelt die neuen Chancen, anschließend führte sein Nachfolger Heiner Koch den eingeschlagenen Kurs fort. Dazu gehörte die Errichtung der Leipziger Propsteikirche als größtes kirchliches Neubauprojekt in Ostdeutschland seit der Wiedervereinigung. Auch das nächste Highlight des Bistums findet in Leipzig statt: Es ist der 100. Deutsche Katholikentag vom 25. bis 29. Mai.