Musik von Mendelssohn und Beethoven

Vom Sommernachtstraum und Mondschein

Zum meteorologischen Start des Sommers am 1. Juni dreht sich in "Musica“ alles um die Sommernacht – einmal mit dem genialen Frühwerk "Sommernachtstraum“ von Felix Mendelssohn Bartholdy, dann mit der "Mondscheinsonate“ von Ludwig van Beethoven und schließlich mit dem düsteren Madrigal „Hor che'l ciel“ von Claudio Monteverdi, das die trübe Gedankenwelt eines verschmähten jungen Mannes spiegelt, der nachts über seine vergebliche Liebe sinnt.

 (DR)

Von Felix Mendelssohn Bartholdy erklingt seine Vertonung von Shakespeares „Ein Sommernachtstraum“. Als 17jähriger hatte er eine Ouvertüre zu diesem Theaterstück geschrieben. Das war so originell und qualitativ hochwertig komponiert, dass Mendelssohn plötzlich als Komponist ernst genommen wurde. Mehr als 15 Jahre nach der Entstehung erweiterte Mendelssohn das Werk zu einer kompletten Schauspielmusik. Den Auftrag zur Vollendung der Musik gab der preußische König Friedrich Wilhelm IV. Die Uraufführung seinerzeit wurde von Ludwig Tieck inszeniert und wurde ein wahres gesellschaftliches Ereignis. Erstaunlich ist, wie nahtlos sich die neukomponierten Teile stilistisch an das Jugendwerk, dem ersten Satz, anfügen. Besonders berühmt an der Erweiterung ist natürlich der Hochzeitsmarsch, der seitdem bei zahllosen Vermählungen gespielt wird. Die Ouvertüre greift Mendelssohn musikalisch am Ende wieder auf, erweitert aber das Ensemble um Chor und Gesangssolisten. Der Hörer wird ganz in die Atmosphäre einer lauen Sommernacht mit Feen und Menschen, Liebeswirren und sonstige Ränkespiele entführt.

Dann gibt es sozusagen musikalisch das Gegenteil, zumindest wenn es nach der Empfindung vieler Menschen im 19. Jahrhundert geht. Denn Beethovens Klaviersonate Nr. 14 op. 27 Nr. 2 in cis-Moll hat wegen ihres ersten Satzes den Beinamen Mondscheinsonate erhalten. Romantisch gesinnte Menschen glaubten, das fahlen Scheinen des Himmelskörpers buchstäblich zu hören, Assoziationen mit einer unheimlichen Mondnacht wurden gemacht.

32 Sonaten für das Klavier hat Ludwig van Beethoven geschrieben – so gut wie alle gelten als Meisterwerke, einige gelten als absolute Geniestreiche. Ein Beispiel für eine geradezu perfekte Sonate ist die Klaviersonate Nr. 14 op. 27 Nr. 2 in cis-Moll. Sie wird auch als Mondscheinsonate bezeichnet. Beethoven selbst gab seinem Werk den Beinamen „Sonata quasi una Fantasia“. Der Begriff der Fantasie bezieht sich auf die ungewöhnliche Satzfolge der Sonate und die Schwerpunktverschiebung auf den letzten Satz. Damit lassen sich die für die herkömmliche Sonatenform untypischen Tempi der jeweiligen Sätze erklären. Dem Werk fehlt der erste (schnelle) Satz in Sonatenhauptsatzform, den Sonaten dieser Zeit üblicherweise enthalten. So beginnt das Werk mit einem Adagio, das Allegretto-Scherzo steht in der Mitte, worauf sich ein schnelles Finale anschließt.

Die Bezeichnung Mondscheinsonate bezieht sich auf den ersten Satz – doch dieser Beiname wird dem Werk nicht gerecht. Dazu passt, dass der Beiname gar nicht von Beethoven selbst stammt, sondern eine romantische Beifügung ist. Auch wenn man fast den Mond aufziehen sieht im ersten Satz, lässt der dritte schnelle Satz irgendwelche Mondassoziationen beim besten Willen nicht zu. Es gibt auch Diskussionen um das Tempo des ersten Satzes. Der wurde traditionell sehr langsam gespielt, was dem Eindruck einer Mondnacht eher entsprach. Es gibt aber auch gut begründete Einspielungen, die den ersten Satz etwas schneller interpretieren und dem ganzen Werk dadurch einen anderen Charakter geben, weil der erste Satz eben ein Adagio und kein Largo ist. Außerdem gibt es eine Angabe von Beethoven, die heutige Interpreten so verstehen, dass das Pedal die ganze Zeit getreten werden soll. Dadurch verschwimmt der Klang ziemlich und die letzten Mondassoziationen verschwinden fast von selbst. Man hört bei diesen Einspielungen die Sonate ganz neu und erkennt Linien und musikalische Zusammenhänge, die beim langsamen Tempo nicht oder viel schwerer zu hören sind.