DOMRADIO.DE: Wir lassen uns Ihren Nachnamen noch mal auf der Zunge zergehen. Herr WankelMUTh, das passt auch zufällig in unsere Mut-Woche. Gibt es da Ihnen gegenüber schonmal Scherze?
Wankelmuth (Geschäftsführer Caritas-Haus Feldberg): Natürlich gibt es immer wieder Scherze, aber meine Frau ist Lehrerin und von einer kleinen Schülerin hat sie vor einiger Zeit ein unheimlich schönes Kompliment bekommen. Und zwar sagte die Schülerin zu ihr: "Frau Wankelmuth, in deinem Namen steckt Mut". Und das ist doch das Tolle.
DOMRADIO.DE: Gucken wir mal auf ihr Caritas-Haus auf dem Feldberg. Mütter und Kinder gehen dort in Kur. Lassen Sie uns das mal durchspielen: Das Gefühl vom ausgebrannt sein einer Mutter, der Gedanke, ob eine Kur vielleicht helfen könnte, bis hin bis zur Umsetzung. Gehört da auch manchmal Mut zu, diese Schritte zu gehen?
Wankelmuth: Auf jeden Fall! Lassen Sie mich mit einem Zitat von einer Mutter beginnen, die zu mir sagte: "Mut ist für mich das kleine Soforthilfe-Gefühl bei Angst und Panik und Co." Eine Kur hat ein offenes Ende und ich finde, Situationen mit offenem Ende bedeuten Mut. Wenn man bei uns zur Kur kommt, heißt das, man bricht von Zuhause auf, man weiß nicht was wird. Was wird in der Zeit mit mir passieren, wie werde ich zurückkehren, wen werde ich antreffen? In dieser Zeit lässt man jemanden zurück: Ältere Kinder, Partner, Angehörige. Und manchen fällt es sogar schwer mit dem Arbeitgeber und den Kollegen darüber zu sprechen und zu sagen: "Ich muss mal drei Wochen hier raus."
DOMRADIO.DE: Und es gibt auch bestimmt einige, die sich nicht trauen und überfordert sind, sich Schwächen einzugestehen, oder?
Wankelmuth: Das gibt es auch. Aber die Kur hat Chancen damit umzugehen. Allerdings trauen sich leider viele nicht, oder wissen nicht um die Möglichkeit einer Kur und wie leicht sie im Bedarfsfall auch zu erreichen ist. Das Müttergenesungswerk bietet diese Maßnahmen zusammen mit den gesetzlichen Krankenkassen an und die Krankenkassen finanzieren das. Aber oft sind die Belastungen in Familien gesundheitlich und sozialer Art so groß, dass es den Leuten schwerfällt, einen Antrag zu stellen, und dafür gibt es dann wiederum Beratungsstellen bei den örtlichen und regionalen Caritasverbänden. Sie unterstützen einen, einen solchen Antrag zu stellen und den Weg zu gehen.
DOMRADIO.DE: Also der Weg ist gar nicht so schwer. Wie erleben Sie denn dann die Mütter, wenn sie zu Ihnen kommen?
Wankelmuth: Fragend, mittellos, ausgenutzt, suchend, sich verlassen fühlend. Wir haben auch viele, die sich mit der Trauer auseinandersetzen und zu uns kommen. Oft liegt Trauer auch ganz weit zurück und weil es bei uns angesprochen werden kann, kann man damit umgehen. Manche haben das Selbstvertrauen verloren, wurden gedemütigt oder manchmal streikt auch einfach nur die Gesundheit. Da können wir mit unserem psychosozialen Team, ärztlicher Begleitung, Seelsorge und unserem ganzen Haus unterstützen und helfen.
DOMRADIO.DE: Und trainieren sie die Kinder und die Frauen, mutiger zu sein?
Wankelmuth: Ja. Bei uns besteht ein Raum sich auszuprobieren. Kinder und Jugendliche werden auf ihre Stärken hingewiesen und damit wird gearbeitet. Im Alltag ist es zu Hause leider oft so, dass nur Defizite angesprochen werden. Was nicht läuft, was man nicht kann. Aber jeder von uns hat ein Talent in sich und das versuchen wir zu fördern und den Leuten nahezubringen, damit umzugehen. Für Kinder haben wir auch einen speziellen Mutmach-Kurs, wo sie lernen damit umgehen zu können, wenn sie beispielsweise in der Schule gemobbt werden.
Das Interview führte Tobias Fricke.