DOMRADIO.DE: Warum braucht es Mut, um die deutsche Sprache zu erlernen?
Haccanım Şakar-Ak (Koordinierungsstelle MUT/Opstapje in Mülheim an der Ruhr): Das lässt sich gut mit dem Ursprung des Programms erklären. Wir haben haben in Elterngesprächen an Kindergärten und Schulen erfahren, dass die Eltern selbstverständlich an der Bildungsentwicklung ihrer Kinder interessiert sind und diese sehr stark unterstützen wollen. Allerdings können sie oft aufgrund fehlender Sprachkenntnisse nicht viel dazu beitragen und trauen sich den Besuch von klassischen Sprachkursen nicht zu. Daher ist in Kooperation mit den Grundschulen hier in Eppinghofen das Mut-Programm entstanden. Wir haben die Absicht, anknüpfend an Inhalten der Alltagspraxis, Sprache zu vermitteln.
DOMRADIO.DE: Das sieht dann so aus, dass Sie in Schulen und Kindergärten gehen. Mit den Eltern selber haben Sie in den sogenannten Mut-Cafés Kontakt. Was passiert in so einem Café konkret?
Şakar-Ak: In den Mut-Cafés kommen Eltern zusammen. In unseren Cafes an 14 Grundschulen und Familienzentren sind es aktuell überwiegend Frauen und Mütter. Dort greifen wir alltagspraktische Inhalte und die Bedarfe der Teilnehmerinnen auf, beispielsweise selbstständig einen Arztbesuch vorzubereiten. Das Ganze wird anhand von Rollenspielen oder Anamnesebögen mit den Teilnehmenden durchgespielt und verinnerlicht, welches Vokabular man braucht, wie man seine Beschwerden darstellt und wie man telefonisch oder auch vor Ort einen Termin vereinbaren kann.
DOMRADIO.DE: Das ist allerdings nicht das Einzige, was sie machen. Vor kurzen haben sie zum Beispiel auch einen Fahrradkurs veranstaltet.
Şakar-Ak: Genau, wir haben einen Fahrrad Kurs und auch ein Mut-Näh-Café. Der Fahrradkurs läuft in Kooperation mit der Jugendverkehrsschule in Mühlheim, der Verkehrswacht Mülheim an der Ruhr und einer Grundschule. Er wird von einem ehemaligen Polizisten als Kursleister in der Kombination aus Theorie und Praxis durchgeführt. Das Projekt hat das Ziel, Unternehmungen mit der Familie machen zu können und das Selbstbewusstsein sowie die Frauen in ihrer Mobilität zu stärken, denn die Teilnehmer sind hauptsächlich Frauen. Seit dem Start in 2012 haben bisher 60 Teilnehmerinnen den Kurs erfolgreich abgeschlossen.
DOMRADIO.DE: Der Unterschied zu einem klassischen Sprachkurs liegt darin, dass Sie Ihr Programm sehr viel niederschwelliger anbieten, also in die Alltagsräume gehen, um mit den Menschen zu kommunizieren. Wie reagieren diese denn auf das Angebot?
Şakar-Ak: Das Angebot wird sehr gut angenommen und die Nachfrage ist steigend. Dadurch sind seit 2012 auch immer mehr Mut-Cafés entstanden. Die Teilnehmerinnen geben an, dass sie sich bei uns wohler fühlen als in klassischen Sprachkursen, weil das Ganze sehr viel langsamer läuft und mit Wiederholungen verbunden ist. Deswegen klappt es bei uns so gut mit dem Mut machen.
Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.