Dass Benedikt XVI. nach ordnungsgemäßen Abschluss eines gründlichen Verfahrens den Diener Gottes Karol Wojtyla (1920-2005) in das Album der Seligen einschreibt, steht außer Zweifel. Zwar reagierte er nicht auf die spontanen Plakate und Sprechchöre, die Johannes Paul II. schon bei der Totenmesse "santo subito" - sofort in den Heiligenstand - erheben wollten. Aber er griff die Begeisterung und Verehrung der Gläubigen für seinen Vorgänger auf, indem er die Wartefrist zur Aufnahme des Seligsprechungsverfahrens von fünf Jahren auf drei Monate verkürzte. Ansonsten drängte er auf eine gründliche Untersuchung nach den strengen Kriterien der Kongregation.
Termin offen
Spekuliert wird nun über einen Termin der Seligsprechung für den Papst, der mit fast 27 Amtsjahren das zweitlängste Pontifikat der Kirchengeschichte führte. Genannt werden die Jahrestage des Attentats auf dem Petersplatz (13. Mai 1981), seiner Papstwahl (16. Oktober 1978) oder seines Dienstantritts sechs Tage später. Möglich scheint aber auch der "Sonntag der Barmherzigkeit", der in diesem Jahr auf den 1. Mai fällt. Johannes Paul II. hatte diesen Tag für die katholische Weltkirche eingeführt: bei der Heiligsprechung der von ihm besonders verehrten polnischen Mystikerin und Ordensfrau Faustina Kowalska (1905-1938) im Jahr 2000. Und am Vorabend des "Sonntags der Barmherzigkeit" 2005 war der polnische Papst nach längerer Krankheit und einem kurzen Todeskampf, an dem die ganze Welt Anteil nahm, gestorben.
Als sicher gilt, dass Benedikt XVI. persönlich und nicht - wie sonst üblich - ein Kardinal die Seligsprechung vornimmt. Die Ehrung soll in Rom erfolgen: im Petersdom, auf dem Petersplatz, vielleicht aber auch vor der Lateranbasilika. Zu der Messe dürfte es erneut einen Massenandrang geben, vor allem aus Polen und Italien. Manche erinnern schon jetzt an die Totenmesse, zu der Rom mit vier Millionen Besuchern den größten Ansturm seiner Geschichte erlebte. Sollte die Feier tatsächlich am 1. Mai erfolgen, wäre es das kürzeste Seligsprechungsverfahren der neueren Kirchengeschichte. Mit nicht einmal sechs Jahren wäre es noch etwas kürzer als das der Ordensfrau und Nobelpreisträgerin Mutter Teresa (1910-1997) im Oktober 2003.
Freilich tauchten im Prozess nach raschem Beginn gegen Ende noch einige Probleme auf. Bereits 87 Tage nach dem Tod, am 28. Juni 2005, konnte der römische Kardinalvikar Camillo Ruini mit päpstlicher Sondergenehmigung offiziell das Verfahren eröffnen. Es wurde parallel in Rom und Krakau geführt, und beide Prozesse wurden nach zwei Jahren mit Erfolg abgeschlossen. Danach wurde das Verfahren am Vatikan erneut aufgerollt - und auch hier mit Erfolg beendet. Kurz vor Weihnachten erkannte Benedikt XVI. seinem Vorgänger den "Heroischen Tugendgrad" zu.
Auch der Wunderprozess - der Zustand der an Parkinson erkrankten französischen Ordensfrau Marie Simon Pierre verbesserte sich nach Anrufung des polnischen Papstes auf unerklärliche Weise - schien zunächst vielversprechend. Dann gab es jedoch in der zuständigen Medizinerkommission nicht die erforderliche Zustimmung. Zudem tauchten Fragen nach der Gründlichkeit des Verfahrens auf: Manche engen Mitarbeiter des Papstes seien nicht als Zeugen vernommen worden; Johannes Paul II. sei zu nachsichtig gegenüber dem umstrittenen Ordensgründer der "Legionäre Christi", Marcial Maciel Degollado (1920-2008) gewesen; zudem habe er in seinen letzten Amtsjahren die Kurie nicht streng genug geführt, hieß es.
Im Wunderverfahren tauchten jedenfalls bald neue Fakten auf. Daher gab zunächst die Medizinerkommission und im Dezember auch die Theologenkommission ein positives Votum ab, das das höchste Organ der Heiligsprechungskongregation, die Kardinalsversammlung, am Mittwoch offenbar bestätigte.
Möglicherweise noch in dieser Woche soll der Leiter der Kongregation, Kardinal Angelo Amato, dem Papst die Dokumentation und das Dekret vorlegen. Der Papst muss dann entscheiden, ob Leben und Wirken seines Vorgängers so tugend- und beispielhaft waren, dass er zum Seligen der katholischen Kirche proklamiert werden soll. Und kaum jemand kannte Johannes Paul II. besser als der langjährige Kurienpräfekt Joseph Ratzinger.
Nach Abschluss des Verfahrens liegt die Entscheidung beim Papst
Wunder bestätigt
Das Seligsprechungsverfahren für Papst Johannes Paul II. hat die vorletzte Hürde genommen. Nach dem offenkundigen Plazet der Kardinäle der Heiligsprechungskommission im Wunderprozess liegt es jetzt nur noch an Benedikt XVI., ob und wann sein Vorgänger zur Ehre der Altäre gelangt.
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