Nach Missbrauchsvorwurf im Bistum Hildesheim

Bistum setzt unabhängigen Gutachter ein

Das Bistum Hildesheim will Fälle sexuellen Missbrauchs von einem unabhängigen Gutachter untersuchen lassen. Zuvor waren Rufe nach unabhängigen Ermittlern lauter geworden. 

Hildesheimer Dom / © Emily Wabitsch (dpa)
Hildesheimer Dom / © Emily Wabitsch ( dpa )

Der Gutachter solle klären, ob es möglicherweise weitere Missbrauchsfälle durch den ehemaligen Pfarrer Peter R. gab, wie das Bistum am Donnerstag in Hildesheim mitteilte. Außerdem solle er den Umgang der Diözese mit den Vorwürfen untersuchen. "Der Gutachter soll mit der zuständigen Staatsanwaltschaft eng zusammenarbeiten. Wer mit der Aufarbeitung beauftragt wird, hofft das Bistum in Kürze bekanntgeben zu können", hieß es weiter.

Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes Wilhelm-Rörig, begrüßte die Entscheidung des Bistums. "Ich bin froh, dass jetzt jemand beauftragt werden soll, der die Missbrauchsaffäre um den Pfarrer R. unabhängig aufklären kann", sagte er der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" (Freitag). Gerade angesichts der eingetretenen Verunsicherung schaffe man so für eventuelle weitere Opfer "eine Möglichkeit, sich vertrauensvoll an einen unabhängigen Ermittler zu wenden, um über erlittenes Unrecht zu sprechen, ohne dass Institutionenschutz eine Rolle spielt".

Rörig hatte dem Bistum am Mittwoch empfohlen, einen unabhängigen Ermittler einzusetzen. Man habe "eine große Verantwortung den Opfern gegenüber, und zwar auch den Betroffenen, die bisher nicht den Mut hatten, zu sprechen". Diese meldeten sich aber nur, wenn sie "Vertrauen in die Institution haben". Dieses habe das Bistum bisher offenbar nicht aufbauen können. Neben dem Missbrauchsbeauftragten forderte am Donnerstag auch der seinem Amt angegliederte Betroffenenrat vollständige Aufklärung von unabhängiger Seite.

WDR-Bericht war Stein des Anstoßes

Anlass für die Empfehlung war ein WDR-Bericht über den mutmaßlichen Missbrauch einer heute 39-Jährigen durch den ehemaligen Pfarrer Peter R. Er gilt als zudem einer der Haupttäter im Missbrauchsskandal am Berliner Gymnasium Canisius-Kolleg, der im Januar 2010 bekanntwurde. Seine dortigen Taten aus den 1970er und 80er Jahren sind aber inzwischen verjährt. Später arbeitete er rund 20 Jahre lang im Bistum Hildesheim.

Bei dem Opfer handelte es sich um die Mutter einer heute 20 Jahre alten Frau aus Hildesheim, die selbst als Kind von Peter R. missbraucht worden war. Ihr Fall hatte Ende 2015 für bundesweites Aufsehen gesorgt. Das Bistum war den Missbrauchsvorwürfen im Jahr 2010 nicht konsequent genug nachgegangen und hatte diese Versäumnisse selbst eingeräumt. Zugleich hatte Bischof Norbert Trelle aber den Vorwurf zurückgewiesen, man wolle den Fall vertuschen.

Bistum: Lediglich von Dritten informiert

Im jetzt bekanntgewordenen Fall schilderte die 39-jährige Mutter des damaligen Opfers dem WDR, dass "auch sie ab 1993 von Pfarrer R. sexuell belästigt worden sei". Das Bistum sei "seit September 2015 auch über ihren Fall informiert", erklärte die betroffene Frau laut WDR. Man habe "aber bislang keinen Kontakt zu ihr aufgenommen."

Das Bistum hatte am Mittwochmorgen dazu erklärt, es sei bisher lediglich von Dritten über einen möglichen Missbrauch informiert worden. Man habe über diese Informanten die betroffene Frau wiederholt aufgefordert, sich zu melden, doch habe sie dies bisher nicht getan. Trotz dieser fehlenden Informationen aus erster Hand habe das Bistum im Januar die Berliner Staatsanwaltschaft eingeschaltet.


Quelle:
KNA , epd