Nach neuen Drohungen des Al-Qaida-Chefs

Bin Laden jetzt "Chefsache"

Der künftige US-Präsident Barack Obama will nach Angaben der US-Geheimdienste sofort nach seinem Amtsantritt am nächsten Dienstag intensiv die Jagd nach dem Chef der Al-Qaida, Osama Bin Laden, aufnehmen.

Autor/in:
Friedrich Kuhn
 (DR)

Nach den neuen massiven Drohungen des Terroristenanführers "werden wir alles daran setzen, Bin Laden endlich zur Strecke zu bringen", sagte ein Vertreter der CIA in Washington. Obama habe Bin Laden "zur Chefsache gemacht". In einer 22-minütigen Tonband-Botschaft im Internet hatte Osama am Mittwoch die Muslime in aller Welt zur Unterstützung der Palästinenser im Gazastreifen und zum Heiligen Krieg gegen Israel sowie gegen «alle anderen Ungläubigen» aufgerufen. CIA-Kreise bezeichneten am Donnerstag nach eingehender Prüfung die Ausführungen Bin Ladens als «echt». Sie verwiesen darauf, dass daran gedacht werde, Osama in seinem vermuteten Versteck im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet aufzuspüren. Der scheidende US-Präsident George W. Bush zeigte sich «absolut sicher, dass Bin Laden früher oder später gefangen genommen wird».

Der Terrorchef drückte in seiner Botschaft auch seine «Freude» über die globale Finanzkrise aus. Besonders die USA seien dadurch schon stark geschwächt worden. Die Weltfinanzkrise werde noch viel schlimmer als es gegenwärtig erkennbar sei. Sie sei durch die Al-Qaida herbeigeführt worden. Bin Laden zitierte unter anderem auch den «deutschen Finanzminister», ohne Peer Steinbrück namentlich zu nennen. Der Minister hatte Ende September vergangenen Jahres im Bundestag erklärt: «Die USA werden ihren Status als Supermacht des Weltfinanzsystems verlieren».

CIA-Angehörige sind besonders über eine Passage in der Bin Laden-Botschaft besorgt, in der er ankündigte, Al-Qaida wolle in ihrem Kampf gegen die «Ungläubigen» weitere Fronten in der Welt, so im Nahen Osten, in Somalia und in den nordafrikanischen Ländern eröffnen.

In einer ersten Reaktion bezeichnete der künftige US-Präsident Obama den Terroranführer und die Al-Qaida als die «größte Bedrohung» für die Sicherheit der USA und Israels. Im Zusammenhang mit dem Vorgehen Israels gegen die Hamas im Gazastreifen sieht Verfassungsschutzpräsident Heinz Fromm wegen der Drohungen der Palästinenser mit Anschlägen auch Gefahren für Deutschland. Israelische Einrichtungen und Juden in der Bundesrepublik seien jetzt besonders gefährdet.

Bin Laden erklärte in seiner Internet-Botschaft weiter, die «Flagge des Dschihad» werde «bis zum jüngsten Tag wehen». Es stelle sich die Frage, ob die Amerikaner in der Lage seien, sich noch weitere Jahrzehnte dagegen zu wehren. «Berichte und Belege deuten auf etwas anderes hin», unterstrich Bin Laden. Er und sein Stellvertreter Aiman al-Sawahiri haben sich seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in den USA mehr als 60-mal in Tonbotschaften und auch manchmal per Video-Aufnahmen zu Wort gemeldet.

US-Geheimdienstler wiesen darauf hin, dass es trotz aller Bemühungen des Westens nicht gelungen sei, den Al-Qaida-Terroristen die Geldquellen abzuschneiden. «Sie werden von der Bankenkrise verschont, weil es ihnen nicht möglich war, ihre Finanzmittel in Geldinstituten unterzubringen», meinte nachdenklich ein CIA-Mann. Trotz aller Beteuerungen verschiedener arabischer Staaten, Al-Qaida nicht finanziell zu unterstützen, würde den Terroristen ständig mit «großzügigen Spenden unter der Hand geholfen». Es sei allerdings bisher den westlichen Nachrichtendiensten und Experten nicht gelungen, diese Transfers zu entdecken«. Nur eines stehe fest, dass Al-Qaida »keinen Geldmangel zu beklagen hat", erläuterte ein CIA-Angehöriger.