Nach weiterem Schiffsunglück vor Italien

Kirche und Menschenrechtler kritisieren Flüchtlingspolitik

Die europäische Flüchtlingspolitik steht weiter in der Kritik. Das UN-Flüchtlingskommissariat warnte vor weiteren Bootsunglücken vor den Küsten Europas.

Wieder ist ein Flüchtlingsschiff gesunken (dpa)
Wieder ist ein Flüchtlingsschiff gesunken / ( dpa )

Die europäische Flüchtlingspolitik steht weiter in der Kritik. Das UN-Flüchtlingskommissariat warnte am Freitag vor weiteren Bootsunglücken vor den Küsten Europas. Dem Unglück vor der Insel Lampedusa mit mehr als 300 Toten könnten weitere folgen, falls nicht gemeinsam etwas gegen die schlechte Lage der Flüchtlinge in ihrem Heimatland und die daraus folgenden gefährlichen Fluchtversuche unternommen werde, teilte das Flüchtlingskommissariat (UNHCR) in Genf mit. Die Flüchtlingsproblematik war auch Gegenstand einer Begegnung von Papst Franziskus und EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) am Freitag im Vatikan.

Wieder tote Flüchtlinge vor Lampedusa

Inzwischen ist ein weiteres Boot mit afrikanischen Flüchtlingen, diesmal weit vor der Küste der italienischen Insel Lampedusa, gesunken. Bisher konnten 35 Menschen nur noch tot geborgen werden, weitere 15 werden noch vermisst. Über 200 konnten gerettet werden.

Kardinal Marx fordert andere Flüchtlingspolitik

Der Präsident der EU-Bischofskommission COMECE, Kardinal Reinhard Marx, eine andere europäische Flüchtlingspolitik gefordert. Seit Jahren werde eine Politik betrieben, "die Menschen in Not davon abhält, unsere Küsten zu erreichen", kritisierte der Münchner Erzbischof bei einem Treffen mit EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso am Donnerstag in Brüssel. "Das ist nicht das Europa, das wir wollen." Asyl zu beantragen, sei ein fundamentales Menschenrecht. Flüchtlinge müssten menschenwürdig behandelt werden.

Priorität für Menschenrechte

Der COMECE-Präsident forderte von den EU-Mitgliedstaaten mehr Solidarität: "Eine Einigung über angemessene Aufnahmequoten sollte dringende Priorität des EU-Ministerrates für Justiz und Inneres sein." Die internationale Gemeinschaft müsse die Herkunfts- und Transitländer der Migranten und Asylsuchenden dazu drängen, die Menschenwürde zu achten. Letztlich könnten Unglücke wie die vor Lampedusa nur vermieden werden, wenn die Krisen außerhalb Europas wirksamer angegangen würden.

Seerettung verbessern

UNHCR begrüßte, dass die EU-Kommission und zahlreiche EU-Mitgliedstaaten bereits ihr Engagement bekräftigt hätten.
Vorrangig müssten die Gründe für die Flucht beachtet werden. Darüber hinaus sollten sich die EU-Länder besser über die Routen und die Mittel informieren, die Flüchtlinge häufig nutzten. Insbesondere die Seerettung und die Betreuung von Schiffbrüchigen müsse verbessert werden, so die UN-Behörde. Die Lage auf der überfüllten Insel
Lampedusa zeige, dass hier großer Nachholbedarf sei.

Telefonkarten vom Papst

Unterdessen spendete Papst Franziskus 1.600 Telefonkarten für Flüchtlinge auf der Insel. Wie die vatikanische Tageszeitung "Osservatore Romano" berichtete, wurden die Karten vom päpstlichen Almosenmeister Erzbischof Konrad Krajewski auf der Insel verteilt. Sie sollten den Betroffenen helfen, den Kontakt mit ihren Verwandten in der Heimat zu halten, so die Zeitung. Zudem sei für die Kinder im Aufnahmelager mit päpstlichen Geldern ein Spielezelt angeschafft worden. Franziskus hatte das Bootsunglück vor Lampedusa, bei dem mehr als 300 Flüchtlinge starben, als eine "Schande" bezeichnet, für die sich die ganze Welt schämen solle.


Flüchtlinge auf Lampedusa (dpa)
Flüchtlinge auf Lampedusa / ( dpa )
Quelle:
KNA