Nachrichtenarchiv 01.01.2004 00:00

Die schmutzigen Hände

„Ich habe keine prinzipiellen Einwände gegen politischen Mord", sagt Hoederer zu seinem Mörder, „so etwas findet in jeder Partei statt." Hugo, ein junger, aus dem Bürgertum stammender Intellektueller, schließt sich einer radikalen revolutionären Partei an, um seinem quälenden Gefühl privaten und gesellschaftlichen Sinndefizits endlich Taten folgen zu lassen. Als die Partei die Ermordung des hohen Funktionärs Hoederer plant, der mit seinen politischen Gegnern der regierenden bürgerlichen Partei kollaborieren will, übernimmt Hugo freiwillig diese Aufgabe.

 (DR)

Immer wieder jedoch lässt er die Gelegenheit zum Mord verstreichen - der unerfahrene Idealist ist dem Realpolitiker Hoederer nicht gewachsen: Die politische Verantwortung, die Hugo übernommen hat, weicht zunehmend einer privaten, individuellen Wahrnehmung seines ‚Opfers'. Mit „Die schmutzigen Hände" stellt Sartre die Frage nach der politischen Verantwortung des Einzelnen gegenüber der Gesellschaft ins Zentrum. Schon 1948 formulierte er damit ein Problem, das uns heute zunehmend beschäftigt: Wie positioniere ich mich als politisches Individuum innerhalb der Gesellschaft? Längst entbehrt der politische Diskurs jener ideologischen Grundlage, die Freund zu Freund und Feind zu Feind macht. Die politische Tat, das politische Engagement ist im postideologischen Zeitalter kompliziert geworden.