Nachrichtenarchiv 01.01.2004 00:00

Von Gott zu Allah?

 (DR)

Ein negatives Islambild vermittelt der Orientalist und Volkswirt Hans-Peter Raddatz in Von Gott zu Allah?, das einen sehr breit angelegten und an vielen Stellen schwer lesbaren Kultur- und Gesellschaftsvergleich zwischen christlichem Abendland und Islam liefert.
Im ersten Teil werden zunächst abwechselnd Stationen aus der Geistesgeschichte beider historischer Antagonisten dargestellt. Diese Gegenüberstellung soll insbesondere die Unüberbrückbarkeit der Kontraste zwischen islamischer Lebenseinstellung und -weise und derjenigen westlicher, auf rationaler Logik und Fortschrittsdenken basierender Demokratien hervorheben. Die Gründe hierfür sieht Raddatz in dem Absolutheitsanspruch der koranischen Offenbarung und ihrer Abgrenzung gegen alles Nicht-Islamische, in der immer gleich bleibenden Tradition sowie einer grundsätzlichen Gewaltbereitschaft des Islams. Den kriegerischen Charakter und das starre Zeitbewusstsein führt Raddatz auf die islamtypische Ausrichtung auf die in der Erinnerung fortbestehende Prophetentradition und die idealisierte medinensische Urgemeinde (das Medina-Modell) zurück.

Der zweite Teil befasst sich mit der Begegnung der abendländischen Kultur mit dem Islam sowie mit dem so genannten interreligiösen oder multikulturellen Dialog. Dieser ausschließlich vom christlichen Abendland geführte und daher einseitige Dialog nähere christliche Inhalte den islamischen an, wobei diejenigen Elemente, die aus islamischer Sicht eine Abwertung der Christen rechtfertigen, ausgeblendet werden. Laut Raddatz haben die christlichen Dialogpartner hier das Nachsehen: Es bestehe die Gefahr, dass die mehr oder weniger abgelehnte christliche Eigenkultur der modernen westlichen Gesellschaft, die immer stärker ihre Vergangenheit leugne und zur Übernahme von fremdkulturellen Einflüssen auffordere, sich allmählich auflöse. Dieser Identitätsverlust des Christentums, das sich auf dem Weg zu einem islamfördernden "Chrislam" befinde, gepaart mit der Dominanz von materiellem Denken und globalem Wirtschaftsinteresse in der westlichen Welt werde letztendlich die Expansion und Herrschaft des Islams in Europa mit Schwerpunkt in Deutschland herbeiführen. Das Fragezeichen im Buchtitel impliziert diese Möglichkeit bereits und soll wohl der vom Autor intendierten Warnung vor einer unkontrollierten Zuwanderung von Muslimen in Deutschland mehr Ausdruck verleihen.

Der Haupteinwand, der hier erhoben werden muss, liegt in der vom Autor vertretenen radikalen Sichtweise begründet, mit der er vehement die Existenz eines gemäßigten und friedlichen Islams negiert. So kritisiert er den interreligiösen Dialog in Deutschland, der den Islam fälschlicherweise als tolerant und friedlich hinstelle und Fundamentalismus von dem eigentlichen -- einem gemäßigten -- Islam unterscheide. Dementsprechend leugnet er auch die durchaus existierende islamische Auslegung des Begriffes des "djihad" als "Anstrengung im Glauben" und beschränkt diese auf den alleinigen Wortsinn "Kampf, Heiliger Krieg". Für ihn stellt der einzige Grund des Islams, seine Expansion nicht energisch zu betreiben, das Nichtvorhandensein einer ausreichenden Zahl muslimischer Kämpfer dar. Dem ist jedoch die jahrhundertelange friedliche Koexistenz von Muslimen, Christen und Juden in den verschiedensten Ländern entgegenzusetzen.